1. Kaarst

„Jetzt wird gepfändet“: Betrüger spielen mit der Angst um Hab und Gut

„Jetzt wird gepfändet“: Betrüger spielen mit der Angst um Hab und Gut

Die Betrüger werden immer dreister — das musste jetzt auch Hans-Jürgen Brümmendorf erfahren. Mit einer neuen Masche haben Unbekannte versucht, seine persönlichen Daten unrechtmäßig in Erfahrung zu bringen, doch der umsichtige Vorster Bürger machte das einzig Richtige — er schaltete die Polizei ein.

Was war geschehen? Eine Frau hatte sich am Telefon als Mitarbeiterin der Rechtsabteilung der Landeszentralbank ausgegeben; gegen den Vorster laufe ein Verfahren. Sie las das Aktenzeichen vor, kündigte die Pfändung von Konto und Immobilien an. Um dies abzuwenden, müsse Brümmendorf sofort Kontakt mit einer Frau König — mit Frankfurter Vorwahl — aufnehmen. Wenige Minuten später folgte der zweite Anruf — schon wieder die dreiste Dame: Warum er denn noch nicht bei Frau König angerufen habe, wurde er gefragt. Brümmendorf war von Anfang an klar, dass hier etwas nicht stimmte, dachte im Traum nicht daran, der ominösen Frau König persönliche Daten anzuvertrauen. Er informierte die Polizei — für sie ein klarer Fall von so genanntem Phishing, mit dem versucht wird, an sensible Daten zu kommen, um damit Zahlungen im Internet vornehmen zu können.

Die Polizei hat jetzt die Ermittlungen wegen "Ausspähen von Daten" aufgenommen. 2014 gab es im Rhein-Kreis Neuss 26 Fälle von Phishing, 2015 waren es nur acht. In diesem Jahr sind bisher zwölf Fälle der Polizei bekannt geworden.

"Die Ermittlungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Opfer aus Call-Centern, häufig aus der Türkei, angerufen werden. Es handelt sich dabei in einigen Fällen um gut deutsch sprechende Türken. Unsere Erfahrungen decken sich auch mit den Erfahrungen des Landeskriminalamtes", sagt Polizeisprecherin Diane Drawe, "die Anrufer sind gut geschult, hinterlassen einen durchaus seriösen Eindruck und haben auf jede Frage eine passende Antwort." Es gibt jedoch auch Hinweise auf Call-Center aus Indien. In diesen Fällen gaben sich die Täter als angebliche Microsoft-Mitarbeiter aus.

Im Fall aus Vorst liegt der Polizei eine konkrete Rufnummer aus Frankfurt vor — eine heiße Spur? Drawe: "Vielfach laufen die Gespräche über das Internet — Voice over IP. Die Erfahrung der Polizei zeigt, dass eine Telefonnummer erscheint, die zuvor vom Täter in den Computer eingegeben wurde. Es handelt sich somit in der Regel nicht um die Nummer des tatsächlichen Anschlusses, die man zu Hause im Telefondisplay sieht. Diese Vorgehensweise der Täter erschwert die Ermittlungen der Polizei."

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Meist werden ältere Menschen zu Opfern der Betrugsmasche am Telefon. Wie erfahren die Täter, wo sie anrufen können? "Die Täter orientieren sich nach polizeilichen Erkenntnissen an öffentlich zugänglichen Telefonbüchern", weiß Drawe. Es existiere aber auch ein internationaler Handel mit Adressen. Sofern man gezielt ältere Menschen anrufe, würden sich die Täter auch an den Vornamen orientieren. So werde zum Beispiel nach Namen wie Elisabeth oder Margarete gesucht, die möglicherweise Hinweise darauf geben, dass es sich bei den Anschlussinhabern um Senioren handele.

Die Polizeisprecherin rät dazu, misstrauisch zu sein, wenn Fremde anrufen: "Geben Sie keine persönlichen Daten oder Passwörter am Telefon preis. Wenn Sie sich unsicher sind, ob es ich bei dem Anrufer tatsächlich um einen Mitarbeiter Ihrer Bank handelt, beenden Sie das Gespräch. Die Polizei empfiehlt, sodann über eine Ihnen bereits bekannte Rufnummer Kontakt zu Ihrem Geldinstitut aufzunehmen und die Echtheit des Anrufers zu hinterfragen. Grundsätzlich gilt: Kreditinstitute fordern keine vertraulichen Daten per E-Mail, Telefon oder Post von Ihnen an."

(Kurier-Verlag)