Elke Beyer verlässt nach 26 Jahren die politische Bühne

Kaarst · 26 Jahre lang hat die Politik ihr Leben mitbestimmt, jetzt will sie andere Schwerpunkte setzen: Elke Beyer (71) verabschiedete sich auf der gestrigen Ratssitzung von der politischen Bühne in Kaarst. Sie war sachkundige Bürgerin im Ausschuss für Kultur und Schule, schulpolitische Sprecherin der SPD, 21 Jahre lang Ratsfrau, stellvertretende Bürgermeisterin und zuletzt rund sechs Jahre lang SPD-Fraktionsvorsitzende.

 Der Rheinfall von Schaffhausen — Öl auf Leinwand: Wie oftmals auch in der Lokalpolitik geht es auf Elke Beyers Kunstwerk stürmisch zur Sache, schlagen die Wellen hoch. Gestern verabschiedete sich die Kaarsterin von der politischen Bühne.

Der Rheinfall von Schaffhausen — Öl auf Leinwand: Wie oftmals auch in der Lokalpolitik geht es auf Elke Beyers Kunstwerk stürmisch zur Sache, schlagen die Wellen hoch. Gestern verabschiedete sich die Kaarsterin von der politischen Bühne.

Foto: Rolf Retzlaff

Die Salix-Künstlerin will sich in Zukunft mehr ihrer Familie und kreativen Tätigkeiten — vornehmlich Malen mit Öl auf Leinwand — widmen. Im Gespräch mit Extra-Tipp-Redakteur Rolf Retzlaff blickt sie zurück auf ihre spannende Zeit als Kommunalpolitikerin.

Frau Beyer, was war der Grund, als Künstlerin aktiv in die Politik zu gehen?
Man kann auf vielfältige Weise gestalten — auch in der Politik. Außerdem sagt mir meine Erfahrung, dass Künstler — wenn auch nicht unbedingt parteipolitisch — aber durchaus politisch denken, wenn sie ihre Rolle in der Gesellschaft richtig verstehen.

Worin bestand konkret der Antrieb?
Anlass, in die SPD und dann in die Kommunalpolitik einzutreten, war die Bitte meiner ehemaligen Kollegin Klara Kral, meine Kenntnisse zum Beispiel in die Kulturpolitik einzubringen.

Was hat Sie so lange in der Politik gehalten?
Die zunehmende Erkenntnis, dass es einen langen Atem braucht, Dinge zu verändern. Mich in interessante Sachgebiete einzuarbeiten und politische Zusammenhänge verstehen zu lernen, hat mich fasziniert. Darüber hinaus schafft die Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten Bindungen, die einen motivieren, "die Brücke nicht zu verlassen".

Warum gerade SPD?
Ich habe in der SPD immer eine Kraft gesehen, die seit ihrem Bestehen für soziale Gerechtigkeit gekämpft und die Belange der Schwächeren in unserer Gesellschaft vertreten hat. Aufgrund meines familiären Hintergrundes und meiner persönlichen Verankerung im Christentum konnte ich mich mit diesen Inhalten identifizieren.

Wie sind Sie mit Niederlagen und Enttäuschungen umgegangen?
Zu Beginn war es deutlich schwieriger, Niederlagen als das zu sehen, was sie sind: Ergebnisse demokratischer Prozesse. Später, als ich gelernt habe, die Dinge auch aus der Sicht der Anderen zu betrachten, wurde es leichter. Aber es gab auch Enttäuschungen, die mit dieser Haltung nicht aufzulösen waren. Die haben mich nicht deprimiert, sondern manchmal zwar sehr zornig, aber auch entschlossener gemacht.

Was war die Kraftquelle, immer wieder neu anzufangen?
Die Zustimmung — aber auch Erwartungen meiner Wählerinnen und Wähler, die Hoffnung auf weitere Erfolge und — so altmodisch es auch klingen mag — Disziplin.

Warum jetzt die Entscheidung, aufzuhören, nicht schon Jahre früher, denn die Argumente hätten vor fünf oder zehn Jahren sicher genauso gegolten?
Zunächst: Vor zehn Jahren war ich auch zehn Jahre jünger und deutlich belastbarer. Bei meiner Aufstellung für die letzte Kommunalwahl habe ich schon erklärt, dass ich nicht für die gesamte Wahlperiode zur Verfügung stehen würde. Anhand der Kandidatenliste zeichnete sich bereits ab, dass wir — ein gutes Wahlergebnis vorausgesetzt — mit einer Reihe neuer Ratsmitglieder starten würden. Ihre Einarbeitung zu begleiten, war mir wichtig. Dieser Prozess darf nun angesichts der guten Arbeit im Team als erfolgreich abgeschlossen betrachtet werden — und ich darf ruhigen Gewissens nun in meinem Leben andere Schwerpunkte setzen.

Wenn Sie Ihr Engagement rückschauend betrachten, war es die Mühe wert und wenn ja, warum?
Wenn ich zurückblicke und mir die Entwicklungen der letzten Jahre vor Augen führe, in denen sich die Handschrift der SPD erkennen lässt, dann war es die Mühe wert. Ich denke hier insbesondere an unsere Einflussnahme in den Bereichen Planung/Wohnen, Kultur, Schule, Sport und Soziales.

Würden Sie es — mit Ihrer Erfahrung von heute — wieder so machen oder was würden Sie ändern?
Was meinen persönlichen Einsatz anbelangt, würde ich vieles wieder so machen. Auch meine Bereitschaft, zum Erreichen guter Lösungen auf andere Fraktionen zuzugehen, würde ich nicht infrage stellen. Ich bin mir allerdings darüber im Klaren, dass so mancher gute politische Vorsatz und so manche persönliche Begegnung angesichts der Vielzahl der zu bewältigenden Aufgaben auf der Strecke geblieben ist. Hier hätte eine effektivere Selbstorganisation vielleicht mehr möglich gemacht.

Was raten Sie Menschen, die in die Politik gehen wollen? Denn man verzichtet offensichtlich auf viel, wenn man die Gründe liest, die Sie veranlassen, jetzt einen Schlussstrich zu ziehen?
Zunächst würde ich ihnen sagen: Demokratie muss gelebt werden und braucht Menschen, die bereit sind, Verantwortung nicht nur für sich, sondern auch für ihr Gemeinwesen zu übernehmen. Die politische Arbeit in einer Partei und den politischen Gremien bietet die Gelegenheit, diese Verantwortung in praktisches Tun umzusetzen. Ich würde ihnen aber auch dazu raten, den dazu erforderlichen Zeitaufwand ihrer persönlichen Situation anzupassen.

Was bleibt für Sie und was geben sie Ihrer Partei mit auf den Weg?
Für mich bleibt die Gewissheit, viele Jahre meines Lebens einer sinnerfüllten Tätigkeit nachgegangen zu sein. Meiner Partei gebe ich nur ungern gute Ratschläge mit auf den Weg, weil ich überzeugt bin, dass sie sie nicht brauchen. Allenfalls dies (sehr frei nach Paulus): Prüfet alles, das Gute behaltet, das Notwendige erkennt — und setzt es mit Mut und Beharrlichkeit um.

Vielen Dank für das Gespräch!

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