Antworten auf Dinge, die sich sonst keiner zu fragen traut Über Hönnesse und Hüte: Zehn Fakten über das Jägerkorps

Was wäre das Schützenfest ohne unsere Jäger? Seit der Geburtsstunde des Schützenvereins marschieren sie auf den Neusser Straßen. Und dennoch ranken sich um das Korps viele Mythen. Was steckt hinter den auffälligen Kopfbedeckungen der Offiziere oder warum gibt es diese Rivalität mit den Grenadieren?

 René Matzner ist Jägermajor.

René Matzner ist Jägermajor.

Foto: Foto: Violetta Fehse

Die Stadt-Kurier-Redaktion hat bei Jägermajor René Matzner nachgefragt.

Warum können sich Jäger und Grenadiere nicht ausstehen?
"Nicht ausstehen ist der völlig falsche Begriff", meint Jägermajor Matzner. Vielmehr handele es sich um eine liebevolle Rekelei. Den Ursprung erklärt sich der Major mit der Entstehungsgeschichte des Schützenvereins im Jahr 1823. Damals gab es genau zwei Korps: die Jäger und die Grenadiere. Während es die verheirateten Männer zu den Grenadieren zog, wählten die Junggesellen in ihrer Sturm-und-Drang-Zeit das andere Korps. "Dass es da nicht immer die gleichen Interessen gab, dürfte jedem klar sein", verrät Matzner mit einem Augenzwinkern. Bis heute ist es bei den liebevollen Neckereien geblieben. Aber es gebe auch viele Korpsübergreifende Freundschaften.

Spaß haben und Feste feiern — etwas was die Neusser gerade mit den Jägern in Verbindung bringen. Was steckt dahinter?
"Wir achten sehr darauf, dass wir nicht darauf reduziert werden, dass wir vier Tage lang betrunken das Schützenfest zubringen. Sicher gehört ein Bier auch mal dazu und natürlich feiern wir gern und haben Spaß — wie es im Rheinischen eben üblich ist", betont Matzner. Aber Schütze sei man auch das ganze Jahr über und da zähle auch gesellschaftliches Engagement wie die Jäger-Feier im Altenheim oder die Besuche im Kindergarten. "Es gibt bei uns viele Ausflüge und wir beziehen dabei auch immer wieder ältere passive Mitglieder mit ein. Dann darf eben auch mal gefeiert werden — und das tun wir gerne auf unserem unglaublich tollen Jägerball, auf dem wir zurecht stolz sind", so der Neusser.

Was hat es mit den Federn auf dem Hut auf sich?
Der auffällige Kopfschmuck mit den gekräuselten Federn wird laut Matzner gehegt und gepflegt. Nach dem Fest wird der Hut auf einem eigenen Höckerchen im Schrank aufbewahrt. Jedes Jahr werden die Federn neu aufgekräuselt. "Eine Heidenarbeit, aber das ist eben unser Gut", weiß Matzner. Zum Hintergrund weiß er nur so viel zu berichten: "Sie sind an den historischen Uniformen angelehnt und modernisiert worden. Eine einzelne Straußenfeder zierte schon damals die Hüte."

Gibt es irgendwelche Voraussetzungen, um Mitglied im Jägerkorps zu sein? Welche Typen passen rein?
"Grundsätzlich passt jeder in unser Korps", so Matzner. Bei den Falknern werden bereits Nachwuchsschützen ab dem Alter von zwölf Jahren aufgenommen. So hat im Übrigen auch Matzners Laufbahn bei den Jägern vor 20 Jahren begonnen. Damals gehörten er und sein Adjutant Martin Weyers zu den ersten Falknern. In diesem Jahr trägt der Nachwuchs übrigens erstmals keinen Überwurf, sondern eine richtige Uniform. "Natürlich sind Schützen aller Altersklassen willkommen — gerne auch Quereinsteiger. Sie können mich oder den Vorstand ansprechen. Wir haben einen Überblick und wissen, in welchen Zügen schonmal nach Verstärkung gesucht wird", lädt der Major alle Interessierten ein. Er empfiehlt, einfach mal beim Ball oder bei einer Versammlung mitzumachen.

Warum lieben die Jäger ihr Korps so sehr?
"Es gibt hier einen tollen Ausgleich zwischen Feste feiern und Geselligkeit", erklärt Matzner. Er betont, dass die Jäger, wissen, was sich gehört. "Wenn ich das Kommando zum Antreten gebe, weiß ich, dass ich mich zu 100 Prozent auf meine Jungs verlassen kann. Die stehen wie ein Mann hinter mir", lobt Matzner. Dass man aufeinander zählen könne — das mache die Schützen dieses Korps aus. "Die Jäger tragen ihren Rock mit Stolz, sie sind ein Aushängeschild für Geselligkeit, aber auch für Akkurates", sagt der Major.

Hönesse haben schwer zu tragen. Finden sich genügend Männer für diese Aufgabe?
"Es stimmt, mit 25 Kilogramm, die die Jungs auf ihren Schultern stemmen, ist es in der Tat kein leichter Job", weiß Matzner, der schon einmal selbst in einem Vorort das Blumenhorn getragen hat. Dennoch wissen die Jäger darum, dass die bunte Blütenpracht das Highlight bei der Parade ist. "Jeder Zug stellt einen Höness und das bleibt auch so", berichtet der Major. Entstanden ist die Tradition übrigens vor vielen Jahren, als Schützen Trinkhörner zum Fest mitnahmen und diese mit einem Deckel verschlossen. Die Geschichte dazu, wie ein Trink- zum Blumenhorn werden konnte, wurde mündlich überliefert: 1884 ließ sich eine Gruppe von Schützen ein neues Trinkhorn anfertigen, allerdings fehlte zum Schützenfest noch der Deckel. Zum Transport von Flüssigkeiten konnte man es nicht nutzten. Aber mitführen wollte man das neue Horn doch. Also füllten es die Männer nicht mit Bier, sondern ersatzweise mit Blumen, und präsentierten das ungewöhnliche Horn bei der Parade. In den folgenden Jahren fand diese Idee immer mehr Nachfolger und heute sind die Blumenhörner eine der großen Attraktionen des Neusser Schützenfestes.

Wie ist das Korpsleben bei den Jägern?
Es werden über das Jahr verteilt viele Veranstaltungen angeboten, wie der Jägerball, die Jahreshauptversammlung oder jetzt neu: die Grün-Weiße Nacht. Eine Veranstaltung, die beim ersten Mal gleich ausverkauft war und im kommenden Jahr im April wiederholt wird. "Der Fackelbau ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil bei uns Jägern", sagt Matzner, der sich glücklich schätzt, dass das Korps über eine eigene Fackelbauhalle verfügt. "Hier helfen die Züge einander, hier tauscht man sich aus und bleibt noch einen Moment in netter Gesellschaft", so Matzner.

Welche Rolle spielt die Frau?
"Unsere Frauen sind uns äußerst wichtig", betont der Major. "Ich bin froh, dass ich meine bessere Hälfte habe und sie auch immer ein Auge auf mich wirft, bevor ich in Uniform das Haus verlasse. So weiß ich, dass ich nicht gleich wieder die Hälfte vergesse", lacht Matzner. Aber nicht nur aus organisatorischen Gründen seien die Röskes im Korpsleben nicht mehr wegzudenken. Denn längst sei das Schützenfest ein Familienfest. Frauen sind immer dabei, ob beim Frühstück, im Zelt oder auf der Kirmes.

Bei den Jägern spielen Musik und das Fahnenschwenken eine große Rolle — woher kommt das?
Das Jägerkorps ist stolz auf zwei ganz besondere Einheiten: das Tambourkorps Novesia 1912 und die Fahnenkompanie 1920. Dort wird Nachwuchsarbeit gepflegt und die Tradition hochgehalten. In beiden Disziplinen hat sich auch Matzner versucht. "Musiker war ich einige Jahre, habe Trommel, Flöte und Lyra gespielt. Das Fahnenschwenken habe ich vor Kurzem mal ausprobieren dürfen. Das ist wirklich eine Kunst und definitiv schwerer als es aussieht", lacht Matzner.

Was ist so besonders bei den Jägern?
"Wir verbinden Generationen", sagt Matzner. Denn in seinem Korps gibt es noch die echten Generationszüge mit Vater, Opa und Enkel — im Gegensatz zu vielen anderen Korps, wo sich in den Zügen Männer gleichen Alters zusammenfinden. Bei den Jägern gehe es da familiärer zu. "Das ist doch eine tolle Aussage", sagt Matzner.

(Kurier-Verlag)
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