1. Neuss

Bürgermeister unter Beschuss wegen „Propagandazeitung“

Bürgermeister unter Beschuss wegen „Propagandazeitung“

Am Wochenende gab Bürgermeister Reiner Breuer auf Facebook die Herausgabe seiner Rathauszeitung "Neuss-publik" bekannt, die nun zunehmend in die Kritik gerät. Das Breuer-Blatt, dessen haushaltsdeckende Verteilung offenbar schwierig ist, soll "transparent" über die Leistungen des Bürgermeisters und seiner Stadtverwaltung berichten.

Die Kosten dieser Zeitung trägt der Steuerzahler.

 Dr. Jörg Geerlings
Dr. Jörg Geerlings Foto: Violetta Buciak

"Zuletzt berichtete die NGZ noch über die Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen von Reiner Breuer, indem die Beschlussfassung des Rates, ein Jugendzentrum in der Nordstadt einzurichten, auf Eis gelegt wurde. Im Gegenzug wird aber eine städtische Zeitung rausgebracht, die an alle Haushalte in Neuss verteilt wird. Das Geld hätte auch für andere Zwecke und sinnvolle Projekte in Neuss genutzt werden können. Auch wenn man nicht immer mit der Berichterstattung der NGZ, des Stadt-Kurier oder News 89.4 zufrieden ist, muss man nicht direkt eine staatliche Zeitung herausbringen, die auf Kosten der Steuerzahler erscheint", so der Vorsitzende der Jungen Union, Jean Heidbüchel. Die große Dame der Neusser Kommunalpolitik, Wirtschaftsprüferin Elisabeth Heyers, Vorsitzende des Beteiligungsausschusses, gibt Heidbüchel recht: "Der Bürgermeister spart an Sozialprojekten und gibt ein eigenes Blatt heraus, das überflüssig ist. Da sind schon zehn Euro zu viel."

Dass in Deutschland der Staat auf Kosten der Steuerzahler eigene Zeitungen herausgibt, hält Vizebürgermeister Dr. Jörg Geerlings "juristisch für höchst problematisch". Er regt eine Prüfung der Aufsichtsbehörde an.

Die stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union, Elke Schlangen, beobachtet: "Eine solche Zeitung im Vorfeld der anstehenden Landtagswahl herauszubringen, ist für mich eine Instrumentalisierung der öffentlichen Verwaltung zu Wahlkampfzwecken."

Steuergelder für ein Propagandablatt zu verplempern, zugleich aber im Jugend- und Sozialbereich rigoros Gelder aus "Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen" zu streichen verfehlt nach Meinung der jungen Politiker den "Grundgedanken der Sozialdemokratie."

Die Junge Union fordert eine Offenlegung der Kosten und der Finanzierung sowie die Prüfung der vergaberechtlichen Situation durch Einbeziehung des Rates. Die über 60.000 Euro Kosten seien ja nur der Sockel, hinzu kämen ja auch noch die Personalkosten des Presseamtes, das das Blatt mit Artikeln bestückt, und andere Positionen.

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Alexandra Nowak, eigentlich eine Freundin der Arbeit des SPD-Bürgermeisters: "Reiner Breuer hat leider einen Fehler gemacht. Es ist schlicht und ergreifend das falsche Signal, in diesen Zeiten eine PR-Zeitung herauszugeben."

"Reiner Breuer ist und bleibt ein Sozialist. So etwas gibt es nur in totalitären Regimes. Sein Propagandablatt erinnert an die Prawda als amtliches Mitteilungsblatt der Sowjetunion", holt Stadtverordneter Sebastian Rosen seine verbale Kalaschnikow aus dem Koffer, während Mirza Kehonjic-Thiede von der SPD den Bürgermeister voll unterstützt. Er zählt zu der Gruppe der SPD-Fraktion, die gerne Medienschelte betreibt und mit der Presselandschaft in Neuss nicht zufrieden ist und gehört einem sozialdemokratischen Club an, der Journalisten gerne herabwürdigt.

Sein Parteikollege Ralph-Erich Hildebrandt wünscht sich eine "andere Medienlandschaft" in Neuss. Bei der Rheinischen Post/ NGZ und dem Stadt-Kurier arbeiten ihm nach nicht die richtigen (linken) Journalisten, während gleichzeitig sein Parteichef Benno Jakubassa mehrfach öffentlich darauf hingewiesen hat, dass ohne die positive und faire Berichterstattung des Stadt-Kuriers Reiner Breuer niemals Bürgermeister geworden wäre. Und auch Bundesminister Hermann Gröhe stellt nach einem publizistischen Rundumschlag des Bürgermeisters gegen Journalisten fest, dass sich "gerade Reiner Breuer über die Medienberichterstattung hier in Neuss überhaupt nicht beschweren kann".

Internet-Experte André Betz macht ein weiteres Fass auf und kritisiert, dass der Bürgermeister nicht mit der Zeit geht und News nicht im Internet, sondern über "totes Holz" (Papier) verbreitet. Mehr dazu auf Seite 2 in dieser Ausgabe.

(Kurier-Verlag)