Bürgerwehren in Neuss sorgen für kritische Stimmen der Politik

Neuss · Düsseldorf hat eine, Köln hat eine, Neuss hat eine und jetzt ist es in Allerheiligen auch schon so weit: Bürgerwehren verbreiten sich aktuell rasend in den sozialen Netzwerken. Die Vorfälle in der Silvesternacht haben ein Gefühl der Unsicherheit zurückgelassen.

 In der Gruppe „Neusser zum Schutz Neusser“ diskutieren die Mitglieder darüber, wie mehr Sicherheit im Alltag gewährleistet werden kann.

In der Gruppe „Neusser zum Schutz Neusser“ diskutieren die Mitglieder darüber, wie mehr Sicherheit im Alltag gewährleistet werden kann.

Dagegen wollen viele Bürger vorgehen — und ernten dabei die Kritik der Politikvertreter.

In der Facebookgruppe "Neusser zum Schutz Neusser" diskutieren bereits über 200 Mitglieder wie die Bürger besser geschützt werden können — und das, obwohl die Gruppe gerade einmal eine Woche alt ist. Auch der Allerheiligener Zusammenschluss zählt inzwischen 50 Mitglieder.

Die Unsicherheit nach den Vorfällen in der Kölner Silvesternacht ist gewachsen. Mehrere hundert Frauen waren offenbar von Nordafrikanern sexuell belästigt, teilweise sogar vergewaltigt worden. Ein Fall, der viele Menschen mit rechtsradikaler Gesinnung in die Facebookgruppe lockte. Gründer Christoph Dohmen stellte bereits einen Tag nach Gruppengründung klar: "Es wird niemand diskreditiert! Egal welche Religion, welche sexuelle Orientierung oder sozialen Stand er hat. Ich will hier keine rechtsradikalen Parolen lesen. Wer sich nicht an die Regeln hält, fliegt in hohem Bogen."

Auch in Allerheiligen, wo am Donnerstag die ersten 101 Flüchtlinge untergebracht wurden, entstand in Facebook eine ähnliche Gruppierung. "Für den Fall, dass sich hier einige Ängste bewahrheiten, wollen wir aufpassen, statt wegzusehen", heißt es in der Beschreibung.

Die Politik sieht solche Initiativen derweil überaus kritisch.

"Solche abscheulichen Verbrechen dürfen nicht wieder passieren", erklärt Reiner Geroneit (CDU), Kreistagsabgeordneter aus Neuss und Vorsitzender des Polizeibeirats im Rhein-Kreis Neuss. "Für die Sicherheit im Rhein-Kreis Neuss ist die Kreispolizeibehörde unter Leitung von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke zuständig. Unsere Polizisten im Rhein-Kreis Neuss sind hoch motiviert, leisten sehr gute Arbeit und sind rund um die Uhr in der Lage, für Recht und Ordnung zu sorgen. Dafür möchte ich den Beamten — auch im Namen des Polizeibeirats — ganz herzlich danken."

 Reiner Geroneit (CDU).

Reiner Geroneit (CDU).

Foto: CDU

In der Stadt Neuss wird in diesen Tagen die Gründung einer Bürgerwehr diskutiert. Geroneit: "Wir brauchen keine Bürgerwehren im Rhein-Kreis Neuss. Selbstjustiz ist nicht nur verboten, sondern auch strafbar. Das Gewaltmonopol liegt bei der Polizei. Alle Bürger sind jedoch dazu aufgerufen, wachsam und aufmerksam zu sein — und bei Auffälligkeiten sofort die Polizei zu informieren."

Aufgabe der rot-grünen Landesregierung sei es nun, die Ereignisse in Köln umfassend aufzuklären, die Täter zu ermitteln und die politischen Konsequenzen aus der Silvesternacht zu ziehen.

Auch Bürgermeister Reiner Breuer verurteilte die Bildung von Bürgerwehren. Auf dem Neujahrsempfang der SPD forderte er mehr Vertrauen gegenüber der Polizei.

Sebastian Rosen zeigt dagegen Verständnis: "Das Problem ist der Begriff der ,Bürgerwehr'. An sich ist es ja nichts schlechtes, aufmerksamer zu sein — genau das ist ja auch der Wunsch der Polizei." Die erste Versammlung der Neusser Gruppe findet Ende Januar statt.

(Kurier-Verlag)
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