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Feuerwehr: „Für uns ist es ein Schlag ins Gesicht“

Feuerwehr: „Für uns ist es ein Schlag ins Gesicht“

Spektakuläre Wende im Fall der Brandserie auf der Furth. Bei den mutmaßlichen Brandstiftern handelte es sich um Feuerwehrleute. Wie gehen die (ehemaligen) Kollegen damit um? Als erste Reaktion auf die jüngsten Ereignisse, veröffentlichte Stefan Meuter, Vorsitzender des Verbands der Feuerwehren im Rhein-Kreis Neuss einen Beitrag, der in den sozialen Medien viel Zuspruch erntet.

"Wir sind geschockt und fassungslos, dass Angehörige einer Feuerwehr als Brandstifter überführt wurden. Solche Nachrichten sind ein Schlag ins Gesicht für jeden, der sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl einbringt", heißt es darin. Gleichzeitig macht Meuter seinen Kollegen Mut und ruft die Öffentlichkeit dazu auf, das wichtige Amt weiter zu schätzen. Trotz dieser Schlagzeilen von brandstiftenden Feuerwehrangehörigen dürften nicht eine ganze Gruppe mit rund 200 Berufsfeuerwehrangehörigen oder die 1.800 ehrenamtlichen Angehörigen in den Freiwilligen Feuerwehren mit ihren 1.000 Mitgliedern der Jugend- und Ehrenabteilungen und damit der acht Feuerwehren im Rhein-Kreis Neuss unter Generalverdacht gestellt werden! "Wir hatten Brandstifter unter uns. Aber wir sind der Teil der Gesellschaft, die für die Hilfe des Nächsten einsteht. Dies gilt es nicht zu vergessen", mahnt Meuter.

Der Beitrag im originalen Wortlaut:

Täuscht der Eindruck oder ist der Anteil der Brandstifter unter Feuerwehrangehörigen wirklich höher als im gesellschaftlichen Durchschnitt? Diese Frage beschäftigt im Moment auch die Menschen im Rhein-Kreis Neuss. Wir sind geschockt und fassungslos, dass Angehörige einer Feuerwehr als Brandstifter überführt wurden.

"Es ist der erste Fall seit sehr langer Zeit, in der Feuerwehrleute im Kreisgebiet zu Brandstiftern wurden", sagte der Leiter der Ermittlungskommission "Furth" Dirk Gütte in der gestrigen Pressekonferenz. "Es ist uns wichtig klarzustellen, dass die Feuerwehr ganz tolle Arbeit leistet und ihr Ansehen von solchen Taten nicht beschmutzt wird."

Eine sehr wichtige Feststellung. Für die Bürger im Rhein-Kreis Neuss, aber auch für die Angehörigen unserer Feuerwehren! Denn trotz dieser Schlagzeilen von brandstiftenden Feuerwehrangehörigen darf nicht eine ganze Gruppe mit ca. 200 Berufsfeuerwehrangehörigen oder die ca. 1.800 ehrenamtlichen Angehörigen in den Freiwilligen Feuerwehren mit ihren ca. 1.000 Mitgliedern der Jugend- und Ehrenabteilungen und damit der 8 Feuerwehren im Rhein-Kreis Neuss unter Generalverdacht gestellt werden!

Solche Nachrichten sind ein Schlag ins Gesicht für jeden, der sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl einbringt. Der seine Freizeit für Ausbildung, Übung und Einsatz für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Kreis Neuss einsetzt. Über viele Jahre, Jahrzehnte und ein ganzes Leben lang.

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Kameradinnen und Kameraden, die sich nun fragen, wie trete ich in meiner Feuerwehruniform, die ich bis gestern noch mit Stolz getragen habe, der Bevölkerung entgegen. Wie wehre ich mich gegen pauschalisierende Kommentare, die generell Angehörige der Feuerwehr mit Brandstiftern gleichsetzen? Wie motiviere ich wieder die Kolleginnen und Kollegen aus den eigenen Reihen des Löschzuges, die zutiefst verunsichert sind?

Feuerwehrangehörige sollen Leben retten und Brände löschen. Tatsächlich hört man immer wieder von Brandstiftern, die eigentlich das Feuer bekämpfen wollen und schließlich selbst zum zündelnden Täter werden. Der Brandexperte, Kriminologe und Fachautor Frank Dieter Stolt hat nach seiner jahrelangen umfassenden wissenschaftlichen Forschungsarbeit aber eine Antwort: "Tatsächlich gibt es unter Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehren Brandstifter", so der Experte. "Genauso wie es Todesengel unter Krankenschwestern, Bankräuber, Dealer und Mörder unter Polizisten und Kinderschänder unter Geistlichen gibt, kann es auch Brandstifter in den Reihen der Feuerwehren geben", betont Stolt. Es sei jedoch eine Verzerrung der Realität, dass besonders viele Feuerwehrmänner auch Brandstifter seien, so der Experte weiter. Auf rund 1,3 Millionen freiwillige Feuerwehrmännern und -frauen in Deutschland kommen jährlich ungefähr 40 Brandstifter bei der Feuerwehr.

Feuerwehrangehörige neigen zahlenmäßig eindeutig seltener zur Brandstiftung als andere Menschen. Dennoch schockiert uns die Nachricht von Brandstiftern bei der freiwilligen Feuerwehr. Menschen, die im Brandeinsatz das Leid des Anderen gesehen haben und trotzdem selbst zum Brandstifter und Verursacher dieses Leids geworden sind. Unbegreiflich und es wirft einen großen Schatten auf die gesamten Leistungen der Feuerwehren.

Von den derzeit circa 1,3 Millionen Frauen und Männern, die als Mitglieder in freiwilligen Feuerwehren in ganz Deutschland rund um die Uhr Dienst tun, wurden in den vergangenen sechs Jahrzehnten rund 3000 als Brandstifter gerichtlich verurteilt. "Der Anteil von Brandstiftern bei den Feuerwehren liegt also auch bei den absoluten Zahlen klar im Promille-Bereich und ist damit eindeutig kleiner als die Zahl der Brandstifter in der übrigen Bevölkerung", klärt Stolt auf. Fakten, die für unsere Feuerwehrfrauen und -männer im Rhein-Kreis Neuss nur ein schwacher Trost sind, aber einer Pauschalisierung und eines Generalverdachts entgegen wirken müssen!

Der Schock über Brandstifter in unseren Reihen sitzt tief und wir können von Glück reden, dass bei diesen Taten kein Mensch zu Schaden gekommen ist. Der Vertrauensverlust, den jeder brandstiftende Feuerwehrmann unseren Feuerwehren bringt, ist enorm und nicht in Worte zu fassen. Die Sensibilität und Aufklärung von Ausbildern und Vorgesetzten ist in diesem Zusammenhang gefragter denn je. Das Auffangen der unter Schock stehenden direkten Kameradinnen und Kameraden steht an oberster Stelle.

Das wahre "Heldentum" besteht in der täglichen Bereitschaft zu diesem Ehrenamt, und der Further Fall darf nicht zu einem Generalverdacht gegen alle Feuerwehrangehörigen im Rhein-Kreis Neuss führen. Wir stehen für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Kreis Neuss. Wir sind ein Schnitt der Gesellschaft. Wir hatten Brandstifter unter uns. Aber wir sind der Teil der Gesellschaft, die für die Hilfe des Nächsten einsteht. Dies gilt es nicht zu vergessen.

(Kurier-Verlag)