Interview mit Stadtplaner Karl-Heinz Baum Hafenbetrieb klagt: Neusser City rückt so schnell wohl doch nicht ans Wasser

Neuss · Die Gesetze werden immer schärfer. Musste es vor Jahren nur im Schlafzimmer einigermaßen still und frei von Industrielärm sein, gehören bald Wohnzimmer und Küche dazu. Kein Wunder, dass sich die Hafen-Unternehmen offenbar mit Erfolg gegen eine weitere Wohnbebauung in Hafennähe wehren.

 Zwischen dem Rheinland-Versicherungskomplex und dem ehemaligen Neusser Lagerhaus tut sich nichts, obwohl es entsprechende Beschlüsse der Politik gibt. Die Hafenbetriebe haben Sorgen, weil eine Wohnbebauung Menschen mit sich bringt, die gegen die faktisch vorhandene Lärmbelästigung der Industrie klagen könnten.

Zwischen dem Rheinland-Versicherungskomplex und dem ehemaligen Neusser Lagerhaus tut sich nichts, obwohl es entsprechende Beschlüsse der Politik gibt. Die Hafenbetriebe haben Sorgen, weil eine Wohnbebauung Menschen mit sich bringt, die gegen die faktisch vorhandene Lärmbelästigung der Industrie klagen könnten.

Foto: Foto: Frank Möll

Doch das große Grundstück zwischen Rheinlandversicherung und Neusser Lagerhaus ist viel zu schade, um brach zu liegen. Der Stadt-Kurier sprach mit dem obersten Stadtplaner des Rates, dem Vorsitzenden des Stadtplanungsausschusses, Karl-Heinz Baum.

Herr Baum, das ehemalige Werhahn-Gelände liegt jetzt schon seit über drei Jahren brach. Woran liegt´s, dass nichts passiert?
Baum: Das Grundstück des ehemaligen Holzhandels der Firma Werhahn ist ein wichtiger Baustein zur Entwicklung des östlichen Innenstadtrandes und des von der Politik angestoßenen Masterplanzieles, Neuss stärker ans Wasser zu bringen.

Was ist denn dort vorgesehen?
Baum: Das umfangreiche und komplexe Planverfahren zur Entwicklung von Gewerbeflächen, Wohnen und Grünflächen wurde in enger Abstimmung mit dem Planungsausschuss entwickelt und am 14. Dezember 2012 vom Rat beschlossen.

Was ist seitdem geschehen?
Baum: Im Kontext der Unternehmensverlagerung und Ansiedlung der Firma Pierburg auf der Hafenmole eins sind bereits der Insel- und Uferpark und eine architektonisch sehenswerte Brücke über das Hafenbecken neu errichtet und 2015 eingeweiht worden. Somit ist bereits ein wichtiger Schritt zur Entwicklung des öffentlichen Raums erfolgt.
Und wie sieht es auf der zur Stadtseite gelegenen Uferseite aus?
Baum: Hier bestehen eine Vielzahl an Investitionsüberlegungen. Im nördlichen Teil ist für den ehemaligen Getreidespeicher gewerbliche Nutzung geplant, wie zum Beispiel Büros, Dienstleistungen und Gastronomie. Der südliche Teil soll als ein Mischgebiet entwickelt werden, das neben gewerblicher Nutzung auch Wohnen enthält. Im Kontext dieser Baumaßnahmen würde dann auch die derzeit noch unbefriedigende Querung der Batteriestraße umgestaltet werden.

Aber es passiert ja nichts. Wie geht es denn jetzt weiter?
Baum: Die Stadt hat gemeinsam mit der Politik zur Verträglichkeit von Wohnen und Industrie eine Vielzahl von Regelungen in den Bebauungsplan eingebaut, die sicherstellen, dass hierdurch der Betrieb der Unternehmen im Hafen gewährleistet wird. Es war aber bisher leider nicht möglich, alle Sorgen aller Betriebe auszuräumen, so dass aufgrund einer Klage zur Zeit eine bereits länger dauernde gerichtliche Überprüfung des Bebauungsplans erfolgt.

Gibt es noch andere Beispiele, bei denen die Stadtentwicklung durch den Widerstand der Betriebe im Hafen blockiert wird?
Baum: Leider ja. Die Bebauung der alten Münsterschule mit Stadthäusern verzögerte sich wegen des Protestes aus der Nachbarschaft zunächst schon beim Abriss der Altbaus und stößt nach wie vor auf den Widerstand der Hafenbetriebe wegen der Nähe der geplanten Wohnbebauung zu ihren Produktionsstätten.
Auch die vorgesehene Wohnbebauung auf dem Areal des ehemaligen Pierburggeländes an der Düsseldorfer Straße wird seitens der Hafenbetriebe verworfen, obwohl der Bebauungsplan aufgrund eines eigens hierfür durchgeführten Architektur-Ideenwettbewerbs als Mischgebiet entwickelt und mit breiter Zustimmung des Rates auf den Weg gebracht wurde. Reklamiert wird der Verlust von Industrieflächen und auch hier die Nähe der Wohnbebauung zu den Hafenbetrieben. Dem steht der politische Wille entgegen, dass wir unbedingt zusätzlichen, vor allem bezahlbaren Wohnraum benötigen..

Wie kann eine Lösung gefunden werden?
Baum: Verwaltung und Politik müssen in weiteren Gesprächen die vermeintlich Betroffenen davon überzeugen, dass in den verabschiedeten Bebauungsplänen eine Vielzahl von Festsetzungen eingebaut wurden, die sicherstellen, dass hierdurch der Betrieb der Unternehmen im Hafen gewährleistet wird und Klagen nicht erforderlich sind. Denn diese blockieren die Stadtentwicklung in meines Erachtens nicht zulässiger Weise.

Das Interview führte Frank Möll

(Kurier-Verlag)
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