1. Neuss

Mitarbeiter der Stadt Neuss bestochen – 50.000 Euro Schaden

Mitarbeiter der Stadt Neuss bestochen – 50.000 Euro Schaden

Mit Weihnachtsdeko, Nassrasierern, Staubsaugern und Co. köderte Egon V. Mitarbeiter der Stadt Neuss. Dafür gab es Aufträge an die Elektrofirma, bei der der Neusser in leitender Position angestellt war.

Jetzt bekam der Rentner die Quittung für jahrelange Bestechung. Er wurde vom Amtsgericht Neuss zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Und was sagt der Noch-Bürgermeister dazu?

Rund 20 Minuten braucht Staatsanwalt Dr. Sebastian Jürgens, um die Anklageschrift zu verlesen. Detailliert trägt er vor, mit welchen Sachgegenständen der 67-jährige Rentner Mitarbeiter der Stadt Neuss im Zeitraum von 2007 bis 2010 bestochen hat. Angefangen hat es mit einem hochwertigen Markenstaubsauger für 80 Euro, später kamen mehrere Fernseher, eine Musikanlage im Wert von 3.624 Euro, diverse Weihnachtsdekorationen, Nassrasierer, Lockenwickler, Laptops und diverse weitere Sachleistungen hinzu. Insgesamt 59 Gegenstände im Wert von rund 50.000 Euro stehen auf der Liste.

Diese Zuwendungen wurden von der Stadt Neuss selbst bezahlt, durch Scheinrechnungen für Aufträge, die es nie gegeben hat. Der Angeklagte war sofort geständig, hat sich bei der Stadt entschuldigt und vorher bereits ein notarielles Schuldeingeständnis in Höhe von 25.000 Euro unterzeichnet. Diese Summe zahlt er nun in Raten von 150 Euro im Monat an die Stadt ab — bei einer üppigen Rente von rund 2.300 Euro. Der 67-Jährige muss außerdem 3.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung bezahlen und 300 Stunden ehrenamtliche Arbeit leisten.

"Viel zu wenig", meldet sich sich eine Insiderin zu Wort. Die Informantin, die den Verurteilten V. gut kennt, möchte aus privaten Gründen unerkannt bleiben, will aber wissen, dass der Korruptionsskandal vor weit mehr als acht Jahren begonnen habe. "Was das Gericht herausgefunden hat, war nur die Spitze des Eisbergs. Da die Stadt ihre Schäfchen ins Trockene bringen will, bleibt es offenbar bei diesem milden Urteil", erhebt die Insiderin schwere Vorwürfe. Und weiter: "V. ist ein Betrüger. Er hatte schon immer einen luxuriösen Lebensstil, liebte teure Hotels und ausgefallene Reisen. Er machte keinen Hehl aus der Korruptionsgeschichte. Wir wollten das aber nicht wahrhaben."

Bürgermeister Napp erklärt, wie er solche Fälle in Zukunft vermeiden will: "Als Konsequenz der Vorfälle wird eng mit Staatsanwaltschaft und Kripo zusammen gearbeitet. Gleich nach Bekanntwerden habe ich einen Antikorruptionsbeauftragten installiert, später ein Referat Antikorruption." In die Vorfälle waren drei städtische Mitarbeiter verwickelt. Einer dieser Mitarbeiter hat Suizid begangen, zwei andere wurden nach Bekanntwerden der Vorwürfe entlassen.

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Ein Kommentar von Violetta Buciak:

Neuss in der Opferrolle
Der verurteilte Egon V. entschuldigt sich bei der Stadt Neuss. Ich frage mich: Wofür? Immerhin wurden die Mitarbeiter unserer Stadt nicht dazu gezwungen, Lockenwickler, Fernseher und Co. anzunehmen und auch noch auf die Rechnung der Stadt zu setzen. Geschädigte sind wir Bürger, denn von den rund 50.000 Euro könnten Schulen, Kitas oder Sportvereine profitieren. Stattdessen hat sich der ehemalige Bauleiter das Haus renovieren lassen.
Versagt hat die Stadt Neuss. Wo war der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, wo war der Bürgermeister? Nur durch einen Zufall ist dieser Skandal herausgekommen: Weil die Wuppertaler Staatsanwaltschaft in einem anderen Fall ermittelt hatte. Reiner Breuer wird vieles geradebiegen müssen.

(Kurier-Verlag)