Politiker diskutieren: Spätere Sitzungszeiten sinnvoll? +++Ältestenrat wird befragt+++Kritik an Bürgermeister+++

Neuss · Der Vorstoß der Jungen Union (JU), die Sitzungszeiten des Rates und der Ausschüsse nach hinten zu schieben, sorgt für Diskussionen in den Reihen der Fraktionen. Jean Heidbüchel, Vorsitzender der JU, kritisiert, dass junge Berufstätige vor dem politischen Ehrenamt zurückschrecken, weil Ratssitzungen mit 16 Uhr zu früh beginnen.

 Die Termine der Polit-Sitzungen stehen aktuell zur Diskussion.

Die Termine der Polit-Sitzungen stehen aktuell zur Diskussion.

Foto: Foto: Violetta Buciak

Zum Vergleich: Im benachbarten Kaarst beginnen diese erst um 18 Uhr. Unterstützung bekommen die JUler jetzt unter anderem vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Arno Jansen und von Ratsfrau Susanne Benary-Höck (Grüne).

"Wenn es darum geht, die Familienfreundlichkeit der Stadt zu verbessern, hat die JU die SPD an ihrer Seite", erklärt Jansen. Im Hinblick auf spätere Sitzungszeiten, um auch Berufstätigen besser ein Ratsmandat zu ermöglichen, hat die SPD bereits Nägel mit Köpfen gemacht. "Unsere Fraktionssitzungen fangen erst um 18 Uhr an, damit auch diejenigen, bei denen nicht um 16.30 Uhr der Hammer fällt, teilnehmen können", betont Jansen.

Für kleinere Fraktionen wie die Grünen sei es generell schwieriger, weiß Benary-Höck. "Dadurch belegt jeder Einzelne mehr Ausschüsse, hat es dadurch schwerer, eine Vertretung zu finden", so die Ratsfrau. Die Leiterin des Betreuungsvereins der Diakonie Düsseldorf verweist auf ein weiteres Problem: "Seit Bürgermeister Breuer im Amt ist, kommen immer mehr Termine auf uns zu. Das wird für Berufstätige immer stressiger. So gern ich meiner ehrenamtlichen Arbeit als Ratsfrau auch nachkomme, fehlt mir irgendwann einfach die Zeit", so Benary-Höck.

Breuer selbst sieht die Diskussion differenziert: "Seit Jahren besteht in Neuss ein fraktionsübergreifender Konsens, die Ratssitzung immer freitags um 16 Uhr beginnen zu lassen. Diese Regelung gibt es in Neuss mindestens seit 1956, also seit inzwischen 60 Jahren. Für Berufstätige ist der Freitagtermin um 16 Uhr sicherlich günstiger als ein Donnerstagtermin um 14 Uhr, wie er zum Beispiel in Düsseldorf für Ratssitzungen Usus ist. Am Freitag neigt sich die Berufswoche ihrem Ende zu und das Wochenende hat noch nicht begonnen. Meines Erachtens ist damit die Zahl der Konflikte auf ein Minimum begrenzt. Dennoch bin ich diskussionsbereit, wenn die Fraktionen dies wünschen und werde dies im Ältestenrat gerne abfragen", so der Bürgermeister.

SPD-Ratsherr Michael Ziege gibt zu bedenken, dass eine Verschiebung der Sitzungszeiten zu neuen Problemen führen könnte: "Wir haben mit den Anfangszeiten 16 Uhr Rat und 17 Uhr Ausschüsse schon im Vergleich sehr humane Zeiten. Von mir aus könnte der Rat um 17 Uhr beginnen, aber man sieht ja auch, dass in letzter Zeit die Sitzungen bis 22 Uhr gingen. Von daher müssten die Sitzungen gestrafft werden und dann kann es auch schnell intransparent werden", so der Student.

CDU-Stadtverordneter Thomas Kaumanns hat da noch eine ganz andere Idee: "Ich würde das Thema vielleicht etwas weiter fassen und mal etwas tiefer aufbohren wollen: Was kann man generell tun, um mehr Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen Engagement zu ermöglichen? Kann nicht zum Beispiel ein junger Familienvater oder eine Mutter per Skype an einer Fraktionssitzung teilnehmen? Wenn die drei Stunden dauert sind das mit An- und Abfahrt vier Stunden, die man unterwegs ist. Warum nicht einen Stream hören und dabei das Kind hüten, die Wäsche machen oder so? Da kann man sich ja einschalten, wenn man etwas sagen möchte. Setzt aber auch eine Kultur der Anerkennung voraus, damit so etwas ernst genommen wird", schlägt der Ratsherr vor. Eine Fortsetzung der Diskussion folgt bestimmt...

(Kurier-Verlag)
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