Soziale Stadt Neuss? Armut ist nun sogar in Hoisten angekommen

Während die Stadtverwaltung seit Wochen darüber diskutiert, ob sie sich Bürgermeister Napps Verabschiedungs-Festakt mit Schampus und Filet mit satten 50.000 Euro oder schlappen 30.000 Euro von den Steuerzahlern bezahlen lässt, geht es vielen Neusser Normal-Bürgern richtig schlecht.

 Renate Hermanns ist schwer krank und muss ihre Wohnung räumen. Sie hofft auf die Hilfe des neuen Bürgermeisters, der am 13. September gewählt wird.

Renate Hermanns ist schwer krank und muss ihre Wohnung räumen. Sie hofft auf die Hilfe des neuen Bürgermeisters, der am 13. September gewählt wird.

Foto: Foto: Frank Möll

Renate Hermanns zum Beispiel. Plötzlich starb ihr Mann, dann bekam sie Krebs. Jetzt muss sie ihre Wohnung räumen.

von Frank Möll

Neuss.

Renate Hermanns kämpft ums Überleben, muss eine Chemo-Therapie nach der anderen über sich ergehen lassen. Gemeinsam mit ihrem Mann führte sie einst eine Dachdecker-Firma und hatte in schönes Häuschen auf der Tokyo-Straße in Holzheim.

Die Firma ging den Bach runter, sie wechselten in eine 60-Quadratmeter-Wohnung nach Hoisten. Hier im Ort wohnen kaum Hartz-4-Empfänger, die Nachbarn fahren schöne Autos. Doch dann der nächste Schicksalsschlag: Plötzlich starb ihr Mann.. Dann bekam sie selbst Krebs! Renate Hermanns ist mit einem Schlag pflegebedürftig und schwerbehindert.

„Im April 2014 wurde sie von der Stadt aufgefordert, die Unterkunftskosten zu senken. Frau Hermanns soll nun einen Eigenanteil von 179 Euro selbst leisten. Vom Regelbedarf für den Lebensunterhalt“, erklärt ihre Holzheimer Rechtsanwältin Ute Clausen die Situation. Die Grundsicherung liegt bei 395 im Monat. Die Stadt zahlt zusätzlich eine Bruttokaltmiete von 391,50 Euro. Ihre kleine Rente wird angerechnet.

„Es reicht hinten und vorne nicht. Ich bin krank. Ich bin jetzt arm“, sagt die ehemals wohlhabende Neusserin. Die Stadtverwaltung kann aus Datenschutzgründen keine Auskünfte geben.

Renate Hermanns hat liebe Nachbarn, die sich um sie kümmern. Sie braucht ein barrierefreies Bad und einen ebenerdigen Zugang. Das alles hat sie in Hoisten.

Doch die Behörde will, dass sie umzieht. Irgendwo hin, wo es billiger ist. „Aber ich finde keine Wohnung“, so Renate Hermanns.

„Wir legten Widerspruch ein“, erklärt Rechtsanwältin Clausen. „Die Amtsärztin des Rhein Kreises Neuss sagte, dass soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen seien.“ Doch die Stadt Neuss hält sich an ihre Richtlinien. Jetzt will Frau Hermanns vor dem Sozialgericht in Düsseldorf klagen. Doch das Verfahren dauert über ein Jahr. Eine lange Zeit!

Die schwerkranke Hoistenerin hofft nun auf den neuen Bürgermeister. Sowohl Thomas Nickel als auch Reiner Breuer haben gesagt, dass sie Neuss wieder sozialer machen wollen.

(Kurier-Verlag)
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