Reiner Breuer will mehr Wohnungen schaffen... SPD greift nach Bürgermeister-Amt

Neuss · Mit nur einer Gegenstimme wählten die Neusser Sozialdemokraten Reiner Breuer zu ihrem Bürgermeister-Kandidaten. Bei der feierliche "Krönungsmesse" unter dem Patronat vom Heiligen Thomas Morus im gleichnamigen Haus auf der Furth sangen die Genossen für den Katholiken Breuer feierlich Gloria- und Halleluja-Lieder.

 Ehefrau, Mama und Papa Breuer kämpfen gemeinsam mit der Partei, dass ihr Reiner Bürgermeister wird.

Ehefrau, Mama und Papa Breuer kämpfen gemeinsam mit der Partei, dass ihr Reiner Bürgermeister wird.

Foto: Fotos: Frank Möll

Zeremoniar war Ex-Messdiener und Parteichef Benno Jakubassa.

So etwas haben die Neusser Genossen in 70 Jahren nicht erlebt: Minutenlanger Jubel, fromme Lieder, Begeisterung für ihren Kandidaten. Wie eine Eins stehen sie hinter Reiner Breuer, der erstmals Chancen hat, die CDU vom Bürgermeister-Thron zu werfen.

Anfangs war es ihm eher peinlich, doch dann machte er mit, ließ sich feiern.

Auch für seine Kampf-Rede: Als neuer Bürgermeister und damit Chef der Stadtverwaltung werde dafür sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger wieder "neues Vertrauen in die Stadtverwaltung und die Unternehmen der Stadt gewinnen." Breuer und anderen widert die frostige Art von CDU-Verwaltungschef Napp an. "Ich werde die Fenster im Neusser Rathaus weit aufreißen, damit der kalte Qualm des Vesuv von Neuss dort auszieht und wieder frischer Wind in unser schönes Rathaus hereinströmt. Und frischen Wind brauchen wir in Neuss wahrhaftig: Es sind nicht nur die kleinen Provinzpossen des amtierenden Bürgermeisters, die dem Ansehen der Stadt schaden. Es sind leider auch die handfesten Skandale mit Korruption und Vetternwirtschaft. Neuss muss endlich wieder raus aus diesen negativen Schlagzeilen!"

Hiergegen helfe nur schonungslose Aufklärung und Transparenz, die Breuer als unbelastete Persönlichkeit glaubhaft vertrete. Insbesondere den Bauverein wolle er umbauen, damit es wieder bezahlbaren Wohnraum und nicht nur Luxus gebe.

Das werde sicher nicht einfach, es ist aber gerade auch im Interesse der Beschäftigten im "Konzern Stadt Neuss", die insgesamt "gute Arbeit leisten und auch wieder stolz darauf sein möchten, bei der Stadt beschäftigt zu sein."

Breuer: "Ich werde einen neuen Führungsstil im Rathaus, aber auch in der Politik etablieren. Ein neuer Führungsstil, der durch frühzeitige Einbindung, Transparenz und Wertschätzung neues Vertrauen schafft.

Gerade vor dem Hintergrund der unsicheren Mehrheitsverhältnisse im Neusser Stadtrat möchte ich die ehrenamtliche Politik und die Bürger-innen und Bürger frühzeitiger und umfassender in Entscheidungsprozesse einbinden. Wir brauchen eine neue politische Kultur in Neuss!"

Unabdingbar notwendig hierfür sei, dass man ein Dach über dem Kopf hat, dass auch bezahlbar ist. An bezahlbaren "vier Wänden" mangelt es in Neuss leider erheblich!

In Neuss seien die Immobilienpreise und die Mieten in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Es ist heute auch für Familien mit gutem Einkommen nicht einfach, in Neuss Eigentum zu bilden. Da muss man schon etwas "an den Füßen haben", wie es so schön heißt.

"Viel dramatischer ist es für Menschen mit geringem Einkommen, eine bezahlbare Wohnung in Neuss zu finden. Besonders für ältere Menschen mit kleiner Rente wird es immer schwieriger", so Breuer

"Nach einer Studie des Wohnungsinstituts Inwis vom Oktober letzten Jahres ist der Bestand an Sozialwohnungen in Neuss seit der Jahr-tausendwende um über 40 Prozent gesunken. Anfang letzten Jahres gab es in Neuss nur noch etwa 6.000 Wohnungen mit einer sogenannten Mietpreisbindung, also klassische Sozialwohnungen. Es wird damit gerechnet, dass jedes Jahr über 450 weitere Wohnungen aus der Sozialbindung fallen.

Dem stehen in Neuss über 18.000 Haushalte gegenüber, die als einkommensschwach zu bezeichnen sind - also jeder vierte Haushalt. Jeder zweite Haushalt in Neuss hat Anspruch auf eine öffentlich geförderte Wohnung, einen Wohnberechtigungsschein. Damit sind auch Menschen mit mittleren Einkommen betroffen.

Und was macht in dieser Situation der Neusser Bauverein? Wenn man Wohnungsanzeigen durchsucht, wird man schnell fündig. Dort bietet der Bauverein schicke Maisonette-Wohnungen zum Verkauf an. Für 420.000 Euro, 520.000 Euro oder schon zum Schnäppchenpreis von 692.000 Euro kann man eine Eigentumswohnung in Stadtrandgebiet erwerben.

Sucht man hingegen eine Sozialwohnung: Fehlanzeige! Hierfür darf man sich auf eine lange Warteliste beim Bauverein setzen lassen.

Diese Beispiele machen deutlich, dass in der Geschäftspolitik des Neusser Bauvereins in den letzten Jahren etwas sehr schief gelaufen ist."

Der Bürgermeister habeden Neusser Bauverein in einen "Bauträgerverein für Exklusivimmobilien" umgewandelt, der seinem eigentlichen Auftrag zur Bereitstellung von Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung längst nicht mehr so nachkomme, wie es nötig wäre.

"Es ist deshalb überfällig, dass der Neusser Bauverein wieder verstärkt im Segment des sozialen Wohnungsbaus aktiv wird. Ein breites Bündnis für bezahlbares Wohnen muss diese Aktivitäten allerdings unterstützen und verbreitern. Ich werde den Neusser Bauvereins jedenfalls weiterhin konstruktiv und auch kritisch begleiten. Ich lasse mich auch nicht durch abstruse Vorwürfe des Bürgermeisters einschüchtern oder gar mundtot machen. Ich werde mich auch in Zukunft mit aller Kraft dafür einsetzen, dass in Neuss mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht!" Breuer macht der SPD erstmals Hoffnungen, den Bürgermeister-Kandidaten zu stellen.

(Kurier-Verlag)
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