Massenweise Fische verenden in Tümpel: Bürger schreiten ein

Neuss · Trauriges Naturschauspiel in Neuss: Das einst so malerische Gewässer im Reuschenberger Busch, "Groov´sches Loch", verkommt zu einem Schlammtümpel — hunderte Fische verenden hier, bilden eine silbrige Decke auf dem braun-grauen Boden.

Rettungsaktion: Bürger retten rund 300 Fische
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Rettungsaktion: Bürger retten rund 300 Fische

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Nur Dank des Einsatzes zweier Anglergruppen konnten rund 300 Fische vor dem qualvollen Tod bewahrt werden. Dennoch stellt sich die Frage: Wie konnte es so weit kommen und warum hat die Stadt nicht eingegriffen?

 Dem Einsatz einiger Bürger ist es zu verdanken, dass rund 300 Fische gerettet werden konnten.

Dem Einsatz einiger Bürger ist es zu verdanken, dass rund 300 Fische gerettet werden konnten.

Foto: Markus Pelzer

Wochenlang musste Florian Beer mit ansehen, wie der kleine See hinter der Wolker-Anlage sich in ein Schlammloch verwandelte. Schließlich trommelte er seine Anglerfreunde Bartholomäus Lange, Jörg, Siegert, Markus Pelzer, André Schulz und Anna Müller zusammen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion befreiten sie 186 drei bis sechs Kilogramm schwere Karpfen, 26 bis zu einem Meter lange Welse und einige Karauschen aus der nur noch rund 15 Zentimeter tiefen Pfütze. "Wir haben die ganze Nacht bis 2 Uhr durchgearbeitet", erinnert sich Markus Pelzer.

Batholomäus Lange hatte einen Anhänger und Behälter für die Fische besorgt. Damit wurden die Tiere nach Dormagen transportiert und dort im Silbersee in die Freiheit entlassen — "natürlich nach vorheriger Absprache mit dem Seebesitzer", so Pelzer. Die Aktion kam gerade noch rechtzeitig: Am Tag danach war auch der letzte Rest des Wassers versickert und die Tiere wären auf grausame Weise verendet.


"Wir haben die ganze Nacht bis 2 Uhr durchgearbeitet, um die Fische zu retten"


Tage zuvor packte auch eine zweite Gruppe an. Jens Mollenhauer konnte gemeinsam mit weiteren fünf Mitstreitern 67 Karpfen, zwei Zander und einen Hecht aus dem Wasser ziehen. Bereits vor zwei Wochen war dem Hobbyangler beim Spaziergang mit dem Hund aufgefallen, dass das Gewässer auffallend zurückgegangen war und die Fische aus dem Wasser hüpften. "Ein untrügliches Zeichen dafür, dass hier zu wenig Platz für die Tiere vorhanden war", so Mollenhauer.

Sofort griff der Neusser zum Telefon und informierte die Fischereibehörde Grevenbroich. "Dort sagte man mir, dass man sich darum kümmern werde", so Mollenhauer. Auf Anfrage des Stadt-Kuriers macht Anne Büren, Pressesprecherin des Rhein-Kreises Neuss, deutlich, dass in diesem Fall die Stadt Neuss gefragt gewesen wäre. "Hier handelt es sich nicht um ein Fischgewässer im Sinne des Fischereigesetzes des Landes", so die Erklärung. Michael Klinkicht, Vorsitzender des Umweltausschusses, ist entsetzt: "Ich kann einfach nicht nachvollziehen, dass trotz ständiger Hinweise aus der Bevölkerung, aber auch aus der Kommunalpolitik die Gewässer immer mal wieder ohne Wasser sind, mit allen Folgen für die Tierwelt." Er will die Problematik erneut auf die Tagesordnung des nächsten Umweltausschusses setzen.

Vor ein Rätsel stellt ihn die Tatsache, dass in dem Gewässer überhaupt Fische vorhanden waren, denn eigentlich war dieses Gewässer den Amphibien vorbehalten: "Wahrscheinlich sind die Fische durch das Zuleitungsrohr in das Biotop gespült worden." Nach Ansicht von Klinkicht muss das Zuleitungsrohr regelmäßiger geprüft werden, da sich häufiger Teile im Rohr verfangen und dadurch weniger bis gar kein Wasser durchlassen. Ob die Baumaßnahme "Epanchoir" Mitverursacher ist, müsse ebenfalls geprüft werden.

 Trauriges Bild: Verendete Fische in einer Pfütze.

Trauriges Bild: Verendete Fische in einer Pfütze.

Foto: Florian Peer

Und was sagt die Stadt Neuss dazu? Hier zeigt sich Bürgermeister Reiner Breuer ebenfalls von dem hohen Fischaufkommen irritiert: "Beim städtischen Biotop ,Groov´sches Loch' handelt es sich um eine flache Tonabgrabung, die unter natürlichen Bedingungen nicht mit Wasser gefüllt ist und damit keinen Lebensraum für Fische bietet." Eine mögliche Erklärung für das Fischaufkommen ist laut Breuer die Verbindung zur Obererft, die gelegentlich dazu führe, dass Fische in das Biotop gelangten. Dies sei im Hinblick auf die Ökologie des Gebiets nicht erwünscht, da insbesondere Großfische die Vermehrung von Amphibien stark verringerten. Dass letztendlich so viele Fische durch "die ungewöhnlich lang anhaltende Trockenheit und den dadurch verursachten, historischen Tiefstand des Grundwasserspiegels" verenden mussten, habe die Mitarbeiter der Stadtverwaltung überrascht. "Ein Bürger hatte in der letzten Woche im Amt angerufen. Man verständigte sich darauf, dass der Bürger die Fische zum Umsetzen in ein anderes Gewässer entnehmen dürfe. Zu diesem Zeitpunkt war für den Mitarbeiter nicht erkennbar, dass es sich um ein großes Fischvorkommen handelte", so der Bürgermeister.

Immerhin wurden erste Konsequenzen aus dem Fall gezogen: "Umweltdezernent Dr. Matthias Welpmann hat aufgrund dieser Vorkommnisse seine Mitarbeiter aufgefordert, auch weitere Biotope zu kontrollieren. Außerdem soll geprüft werden, ob durch ein engmaschigeres Gitter am Zulauf von der Obererft verhindert werden kann, dass erneut größere Fische in das Biotop gelangen können", so Bürgermeister Breuer.

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