Neuer Holländischer Matjes ist da!

Neuss · In Weckhoven gehen die Lichter aus. Das Ladenzentrum ist trostlos, nur der neue Holländische Matjes, der hier verkauft wird, macht uns noch Freude. Doch im Rathaus tut sich was...

Andreas Galland ist voll crazy. Der gewichtige und oft braun gebrannte, perfekt gegelte städtische Wirtschaftsförderer mit den großen Zähnen hatte vor Jahren in einem Grußwort die britische Queen aufs Korn genommen. Geilster Lese-Stoff! Beim Stadt-Kurier hätte er sofort als Satiriker und Kolumnist anfangen können, doch Bürgermeister Herbert Napp sägte das Schreibtalent ab. Der positiv bekloppte verschwand zur Läuterung im Fegefeuer irgendeiner finsteren Rathaus-Amtsstube.

Gestern musste sich der Mann wie vor dem jüngsten Gericht gefühlt haben. Denn ein strahlender Bürgermeister Reiner Breuer holt den verlorenen Sohn nach sechs Jahren Finsternis wieder an die Fleischtöpfe der Macht und machte Galland erneut zum Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung, das Frank Wolters bisher sehr gut organisiert hatte. Der fünffache Familienvater wart von Paderborner Stadtvätern abgeworben worden.

Bürgermeister Reiner Breuer traf sich am Freitag mit dem Stadt-Kurier-Chronisten zum Kaffee bei der St. Augustinus Behindertenhilfe. Dragana Remmers von den tageskurierenden Diensten schenkte einen guten Beruhigungs-Trunk ein. Die Behinderten kamen sofort, umjubelten Bürgermeister Breuer, wünschten ihm Glück und luden ihn zum Begegnungskonzert mit Flüchtlingen in den Pfarrsaal ein.

Breuer erklärte dem Reporter seine Politik, dass er Neuss liebt und den Kontakt zu den Menschen sucht. „Bürgermeister ist ein schöner Beruf“, sagt er. „Von Neuss“, fügt er an. Er mache sich ein wenig Sorgen über das gesellschaftliche Klima in der Stadt. Dass zum Beispiel Türken sich hier unheimlich engagieren, mitarbeiten, Neuss mit aufbauen, dass aber die dritte Generation einen anderen Weg geht.

Wir spazieren zu unserem Döner-Mann, der stolz ist, mit dem Bürgermeister ein Foto machen zu dürfen. Früher war Fetullah Gülen ein Freund Erdogans. Der Onkel habe daher seine Kinder in die Gülen-Schule gebracht. Direkt am Bahnhof. Jetzt, wo der alte Mann in Ungnade gefallen ist und als Terrorist gilt, habe der Onkel Angst, in die Türkei zu reisen.

Erdogan sagt, dass die Deutschen Politiker und die Kanzlerin Nazis sind. Berlusconi sagt, dass Kanzlerkandidat Schulz ein Nazi ist. Auch in Neuss werden Institutionen mit den Nazis verglichen. „Ich bin dagegen, das ist nicht gut. Wer dauernd die Nazi-Keule rausholt, der verharmlost die echten Nazis“, bezieht Breuer Stellung, nachdem ihm ein Halal-Hähnchenspieß serviert wurde.

Der Welt droht die Verrohung. Trump, Erdogan, Putin. Nach heutigen Maßstäben lächerlich, dass das, was Andreas Galland damals über die Queen geschrieben hat, als Beleidigung empfunden wurde.

Reiner Breuer liebt seine Stadt. Ein wenig tut er das, was sein Vorgänger Herbert Napp auch immer getan hat: Den Landrat kritisieren, die Stadtwerke loben, Franz und Norbert recht geben. Breuer hat sich im Amt verändert. „Das ist doch klar. Er ist der Bürgermeister. Er ist Neuss. Immer wenn Neuss angegriffen wird, empfindet er das als einen Angriff gegen sich“, analysiert sein Freund Arno Jansen den 47-jährigen ersten Bürger der Stadt.

Der Matjes-Mann in Weckhoven ist ausverkauft. Holland ist beliebter denn je, Matjes auch für Muslime besser als Currywurst, da ohne Schweinefleisch.

Zum Kaffee lockt der Bäcker. Die Fachverkäuferin ist frustriert. „Nur vormittags ist hier was los“. Die Regale sind leer. Kein Brot mehr da, weil gar nicht erst gebacken.

Das Einkaufszentrum sieht trostlos aus. Ein Türke hat sich auf Spielautomaten spezialisiert und bestückt alle Imbisse im Umfeld. Auch Nasa Döner. Chef Jasin ist ein guter Mensch, Wenn die Hartz-4-Empfänger ihr ganzes Geld in den Daddelautomaten gesteckt haben, schenkt er ihnen ein Essen, denn er muss das Hähnchenfleisch ohnehin jeden Tag wegwerfen. So will es das deutsche Amt. Gestern titelte die Bild-Zeitung dass die Innenstädte veröden. Zum Glück nicht in Neuss. Der Macher Christoph Napp-Saarbourg arbeitet mit Breuer Hand in Hand, dass die City attraktiv bleibt. Weckhoven-City sollte uns Mahnung sein! Auch in Neuss geht die Gewerbesteuer zurück. 13 Millionen Euro pro Jahr. Doch es wird alles besser. Mehr am Samstag.

Frank Möll

(Kurier-Verlag)
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