Spaltet Woelki die Kirche? Der Kardinal steht in der Kritik Kölner Erzbischof fordert mehr Steuern von den Reichen

Neuss · Der für Neuss zuständige Kölner Kardinal Woelki findet die CSU blöd, dreht der Pegida das Licht am Dom aus, verurteilt die AfD, kämpft für die Flüchtlinge und will jetzt auch noch die Reichen stärker besteuern.

 Für Kardinal Woelki (hier in Selikum) ist Neuss eine zweite Heimat. Er hat nicht nur Freunde.

Für Kardinal Woelki (hier in Selikum) ist Neuss eine zweite Heimat. Er hat nicht nur Freunde.

Foto: Foto: Frank Möll

Ist er ein Sozi?

Die katholische Kirche erlebt seit Jahrzehnten extreme Schwankungen. Auch äußerlich. Haben die Kapläne der 68er-Generation noch in Jeans am Altar die Heilige Messe gefeiert und mitunter Fladenbrot statt im Kloster Kreitz gebackene Hostien verwendet, kamen später unter Johannes Paul II. und seinem erzkonservativen Kardinal Meisner die jungen Geistlichen in Soutane und römischen Stehkragen in die Sakristei, um Schlagzeug und Gitarren aus dem Altarraum wieder zu verbannen. Unter ihnen auch der Neusser Kaplan Rainer Woelki, den der WDR-Kirchenexperte Theo Dierkes und andere reformfreudige Journalisten noch vor wenigen Jahren als "ultrarechts" verdächtigten. Ein Grund, warum vermutlich Kräfte um Erft-Kurier-Kolumnist und Ex-Bistumssprecher Manfred Becker-Huberti vor vielen Jahren den hochgewachsenen Hirten als Meisner-Nachfolge "diskutieren" wollten.

Doch Woelki überraschte alle schon als Erzbischof in Berlin als Wowereit-Freund, zeigt sich wie Papst Franziskus modern, kämpft für eine christliche Flüchtlingspolitik, zeigt sich mit Homosexuellen, prangert die CSU an und fordert jetzt sogar höhere Steuern von "den Reichen" zugunsten der Armen. Doch da hört der Spaß auf.

"Herr Woelki, treten Sie zurück", wettert der in Neuss lebende Neffe eines ehemaligen CSU-Ministers gegen seinen Erzbischof und auch Thomas Kaumanns vom Kreiskatholikenrat meldet sich unerwartet deutlich zu Wort: "Bereits heute zahlen die Reichen höhere Steuern, denn wir haben ein progressives Steuersystem, das Menschen gemäß ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit belastet. Und nicht nur das. Auch in vielen anderen Bereichen zahlen wohlhabende Menschen mehr, etwa bei der Betreuung von Kindern im Kindergarten oder in der offenen Ganztagsschule. Noch nicht genug: Es sind in der Regel die Reichen´, die auf freiwilliger Basis durch Spenden viel Gutes tun in Kirchen, Sportvereinen, Kultureinrichtungen", so der CDU-Kommunalpolitiker. Er fragt: Wozu diese Forderung? "Reichenschelte" sei populär, um nicht zu sagen: populistisch. Reich seien nämlich immer nur "die anderen" und "die da oben". Kaumanns, der die Fronleichnamsprozession in Neuss organisiert: "Ich habe noch von niemandem gehört — gleich welcher Einkommens- oder Vermögensklasse, dass er sich selbst als reich bezeichnet."

Kreistagsabgeordnete Ursel A. Meis (CDU) spricht als Seniorenunionsvorsitzende aus Erfahrung: "Herr Kardinal sollte sich mal erkundigen, wer wirklich die Steuern zahlt. In der Bibel steht was von zehn Prozent." Sie habe den Verdacht, dass Woelki die Realität verdrängt habe.

Der bundesweit bekannte Entertainer Markus Titschnegg pflichtet dem Erzbischof bei: "Fakt ist doch, dass das Geld immer ungleichmäßiger verteilt ist. Und da muss man gegensteuern! Hier hat die Politik der letzten Jahrzehnte versagt. Vieles andere wurde auch richtig gemacht. Aber die Einkommensschere geht auseinander! Wir entwickeln uns immer mehr zur Zwei-/Drei-Klassengesellschaft."

Kardinal Woelki liebt die Fernsehkameras, meldet sich regelmäßig mit einem Videoblog zu Wort, zuletzt von der "Kö" in Düsseldorf, wo er dann versöhlich wurde: Auch ein Katholik müsse nicht in Sack und Asche gehen. Doch viele rechtskonservative Katholiken fühlen sich bei ihren beiden progressiven Hirten Franziskus und Rainer wie Treibgut auf hoher See. Dabei macht Woelki nur das, was Jesus in der Bibel sagt: Reiche müssen alles den Armen geben (Nadelöhr, Himmel) und Christen müssen den heimatlosen und armen Mitmenschen helfen, sie aufnehmen.

Frank Möll

Ein Kommentar von Frank Möll

Liebe Sünder!


Wer nicht alles Geld den Armen gibt, wird in der Hölle schmoren! Viele hier in unserer Stadt sind ja noch Mitglied einer Kirche. Es gehen mehr Deutsche in die Gottesdienste als in die Fußballstadien. Wer also den Flüchtlingen nicht hilft und sie abweist, wird am jüngsten Tag mit den Zähnen knirschen.
Bischof Rainer macht uns klar, was in der Bibel steht, was Jesus will, denn eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sagt: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.
Hirte Rainer Woelki kann die AfD und die CSU nicht gut finden, wenn er die Heilige Schrift ernst nimmt und auch die Bergpredigt kennt. Ist er ein Sozi?
Nun, es waren ja nicht "die Linken", die die Sozialbindung des Eigentums erfunden haben. Die katholische Soziallehre ist aktuell wieder in den Vordergrund getreten. Viele rechtskatholische Christen sehen in Woelki aber nicht den Hirten, sondern ein verlorenes Schaf, das die Katholiken in Deutschland spaltet.
Es wäre gut, wenn alle aufeinander zugingen. Wir alle sind Sünder.

Frank Möll

(Kurier-Verlag)
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