Ob das so clever ist? Neusser Kindergärten sollen zu Flüchtlingsheimen werden

Neuss · 800 Flüchtlinge pro Monat im neu zu errichtenden Asylantenheim an der Rennbahn. Sie bleiben nur wenige Wochen. Jeden Tag kommen neue Asylbewerber aus Afrika und dem Kosovo und werden in Dauerunterkünfte inviele NRW-Städte verteilt.

Ob das so clever ist?: Neusser Kindergärten sollen zu Flüchtlingsheimen werden
Foto: Frank Möll

Zusätlich zu dieser zentralen Anlaufstelle muss Neuss bis Ende nächsten Jahres weitere 1000 Flüchtlinge dauerhaft unterbringen. Sie sollen unter anderem in Kindergärten ein neues Zuhause finden. Und das in fast allen Ortsteilen von Neuss. Insgesamt werden 2000 neue Wohnungen für Asylanten gesucht.

Die Initiative kommt von der Katholischen KIrche. Sie baut weiter Kindergartenplätze ab. Überall werden Kindergarten-Bauten frei. Die sollen nun für die Flüchtlinge bereit gestellt werden. Viele Kommunalpolitiker fürchten den Unmut der Neusser Bevölkerung. Offiziell reden sie von einer "Willkommenskultur", doch auch führende Kommunalpolitiker sehen, dass die Kommunikation stark verbessert werden muss, da viele Bürger den massiven Zustrom mit Unbehagen sehen. Zum Hintergrund: Neuss leidet bereits eit vielen Jahren unter Wohnungsknappheit. Viele Menschen finden bereits heute keine Wohnung, sind obdachlos. Auch Kinder.

Für die neuen ausländischen Mitbürger stellt die Stadt Neuss in einem Strategie-Konzept 2000 Wohneinheiten bereit. Dies sei wichtig und gut, heißt es. Wichtig sei aber darüberhinaus auch die Kraftanstrengung, dass den bisherigen Wohnungssuchenden geholfen werden solle, damit es nicht zu einer Neid-Debatte komme.

Das Land Nordrhein-Westfalen muss im laufenden Jahr 2015 rund 60.000 Flüchtlinge aus Afrika und dem Kosovo aufnehmen. In der neuen Neusser zentralen Unterbringungsanlage an der Rennbahn sollen 600 bis 800 Asylbewerber pro Monat untergebracht werden — nach vier bis sechs Wochen werden sie in andere Städte gebracht.

Zusätzlich muss Neuss aber auch Dauer-Wohnungen einrichten für Asylanten, die hier lange bleiben. Allerdings weniger als andere Städte, da die Personen im Zentralheimkomplex an der Rennbahn "verrechnet" werden.

"Neuss steht für eine Willkommenskultur", so Bürgermeister Herbert Napp am Montagabend auf der ersten Info-Veranstaltung zum Bau der zentralen Flüchtlingsunterkunft an der Rennbahn. Hatte er sich monatelang mit Regierungspräsidentin Lüttges gestritten, ob er als "Vesuv von Neuss" in seinem Büro rauchen darf, so ist er jetzt mit der Chefin seiner Aufsichtsbehörde einer Meinung: Neuss kann das, Neuss hat Herz und ist menschlich!

Insbesondere Erzbischof Kardinal Woelki hatte seinen Kirchenmitgliedern (in der Quirinusstadt gib es viele Katholiken) ins Gewissen geredet und Barmherzigkeit für die von Tod und Hunger bedrohten Menschenkinder gefordert.

So soll es auch nun sein. Der Bauverein wird insgesamt neun Gebäude auf einem Areal an der Stresemannstraße bauen und die Wohnungen an das Land NRW vermieten. Eigentümer bleibt der Bauverein. Kein schlechtes Geschäft, denn die Einnahmen sind gesichert. Das Projekt ist auf 25 Jahre angelegt.

Viele Neusser befürchten eine erhöhte Beschaffungskriminalität. Beigeordneter Stefan Hahn zum Stadt-Kurier: "Jeder Flüchtling bekommt genug zu essen und Kleidung. Darüber hinaus 150 Euro Tatschengeld pro Monat": Davon können sie sich Zigaretten und Süßigkeiten in der nahegelegenen City kaufen. Ob der erhöhte Anstieg von Wohnungseinbrüchen oder Fahrraddiebstählen und Kriminalität zu Lasten des Einzelhandels auf die Kappe der Flüchtlinge geht, sei zu beobachten, aber zur Zeit zu bestreiten, heißt es am Rande der Veranstaltung im Zeughaus. Die Hilfsbereitschaft der Neusser ist groß.

(Kurier-Verlag)
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