Ein Jahr nach der Flutkatastrophe: Lars Boes aus Neuss bringt Hilfsgüter ins Ahrtal

Neuss/Ahrtal · Am 14. Juli ist es genau ein Jahr her, dass die furchtbaren Bilder der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal Deutschland in Schrecken versetzten. Es folgte eine riesengroße Welle der Hilfsbereitschaft. Doch was hat sich wirklich bisher getan? „Leider zu wenig“, weiß Lars Boes. Er bringt seit dem ersten Tag der Überschwemmung nahezu jeden Sonn- und Feiertag Hilfsgüter in das betroffene Gebiet.

 Der Neusser Lars Boes fährt fast jeden Sonntag mit einem mit Hilfsgütern beladenen Transporter ins Ahrtal.

Der Neusser Lars Boes fährt fast jeden Sonntag mit einem mit Hilfsgütern beladenen Transporter ins Ahrtal.

Foto: privat

„Noch immer gibt es Häuser ohne Strom und Wasser. Die Ahrtal-Bahn fährt nicht, weil Schienen, Brücken und Bahndämme weggerissen wurden, zahlreiche Geschäfte sind noch zugenagelt, wie zum Beispiel in der Innenstadt von Bad Neuenahr-Ahrweiler“, beschreibt Boes die aktuelle Situation, „viele Wohnhäuser befinden sich noch im Rohbau oder warten auf den Abriss“.

In der ersten Zeit nach der Flut war die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung enorm, doch mittlerweile habe sie deutlich nachgelassen, sagt Boes. „Nach wie vor werden Sachspenden dringend benötigt – von Baustoffen, Installationsmaterial und Werkzeugen bis zu Lebensmitteln und Getränken“, erklärt Boes, dass in zahlreichen Ortschaften noch immer Geschäfte geschlossen haben und gerade ältere Menschen oftmals nicht mobil sind – vor allem, wenn die Flut ihnen das Auto weggerissen hat. Auch könnten die Menschen das Geld, das sie bei Lebensmitteln oder Hygieneartikeln sparen, für den Wiederaufbau ihrer Heimat verwenden. Boes hat auf seiner Facebook-Seite (einfach nach Lars Boes suchen) eine Liste der Dinge zusammengestellt, die aktuell benötigt werden. Er freut sich sowohl über Großspenden von Firmen als auch über kleinere Spenden wie zum Beispiel 20 Meter Kabel. Kleinspenden dieser Art können bei ihm in seinem Printer-Store am Glockhammer 5 in der Neusser Innenstadt abgegeben werden. Auch hat die Stadt Neuss ihm nach einem Gespräch mit Bürgermeister Reiner Breuer ein größeres Lager in der City zur Verfügung gestellt. Telefonisch ist Boes zu erreichen unter Tel. 02131/4 01 96 00. Natürlich sind auch Geldspenden willkommen.

Der Neusser ist mittlerweile Ehrenamtler bei der „Roundabout Kids gUG“. Er erhält finanzielle Unterstützung durch die „Aktion Deutschland hilft“, dank der er eigens für seine Fluthilfe einen Transporter, weitere Waren und Einkaufsgutscheine anschaffen konnte. Und so macht er sich oft schon sonntagmorgens um 6 Uhr auf den Weg nach Sinzig, Altenahr, Erftstadt und weiteren Städte im Katastrophengebiet. Am Ende des Tages hat er rund 300 Kilometer mehr auf dem Tacho. „250 bis 300 volle Transporter habe ich schon mit meinen Helfern gepackt und dann in die Regionen gefahren“, erzählt Boes. Und woher nimmt er die Motivation für sein außergewöhnliches Engagement? „Wenn eine Frau vor dir steht und sich unter Tränen für die neue Kaffeemaschine bedankt, geht das zu Herzen!“ Ebenso wie die ganz persönlichen Geschichten, die er erzählt bekommt: von dem Vater, dem die Flut das Kind aus den Händen gerissen hat, von der Familie, die eine Nacht auf dem Dach um ihr Leben bangen musste... Früher hatte Boes das Ahrtal als Ziel für Campingaufenthalte geliebt: „Das war einfach toll – und so soll es auch wieder werden!“ Aber bereits jetzt empfiehlt er den Menschen, die Region zu besuchen: „Viele Menschen dort leben vom Weinbau und Tourismus – falls es möglich ist.“

Lars Boes will auf jeden Fall weiter mit seinem Transporter ins Ahrtal fahren – „auf jeden Fall bis Mitte kommenden Jahres“, hofft er, dass dann die Spuren der Flutkatastrophe zum größten Teil beseitigt sind und die Menschen im Ahrtal wieder ein halbwegs normales Leben führen können – das wäre dann Menschen wie dem engagierten Neusser und vielen tausenden Helfern zu verdanken.

Rolf Retzlaff

(-skR)
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