Rettungsdienst sucht Wege aus der Krise Was tun, wenn der Notarzt nicht kommt?

Neuss/Kaarst · „Notärzte suchen Wege aus der Krise des Rettungsdienstes“ – so der Titel einer Fachtagung, an der auch Marc Zellerhoff teilnahm. Der Neusser ist Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Rhein-Kreis Neuss und stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Notärzte in NRW (AGNNW).

 Marc Zellerhoff, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Rhein-Kreis Neuss, ist auch selbst fünf Mal im Monat als Notarzt unterwegs.

Marc Zellerhoff, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Rhein-Kreis Neuss, ist auch selbst fünf Mal im Monat als Notarzt unterwegs.

Foto: Rhein-Kreis Neuss

Die Zahl der Einsätze im Rhein-Kreis ist gestiegen (2021: 83.000, 2022: 93.000), es herrscht – wie leider vielerorts – Fachkräftemangel. Die Angst vor Überbelastung und damit einhergehender mangelnder medizinischer Versorgung wächst.

19 Rettungswagen, zehn Krankenwagen und fünf Notarzteinsatzfahrzeuge hält der Rhein-Kreis Neuss vor – doch immer wieder kommt es vor, dass der Fuhrpark nicht komplett genutzt werden kann: Es fehlt an ausgebildetem Personal.

Ein weiteres Manko: Die Notaufnahmen in den Krankenhäusern sind extrem ausgelastet. „Wir fahren bei unseren Rettungseinsätzen schon lange auch Krankenhäuser außerhalb des Rhein-Kreises an“, erklärt Zellerhoff – aber das kostet natürlich Zeit. Und das bei den stetig steigenden Einsatzzahlen. Wie sind diese zu erklären? Zellerhoff führt unter anderem den demografischen Wandel an: „Je älter man wird, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass man in einem akuten Fall den Rettungsdienst benötigt.“ Auch nutzen offenbar immer mehr Patienten den Rettungsdienst, weil sie beim Hausarzt zu lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssten. Zudem habe der Kassenärztliche Notdienst, der unter Tel. 116 117 unter anderem Vertretungsärzte, offene Arztpraxen sowie Notfallpraxen koordiniert, auch personelle Ressourcenengpässe, so dass die Hilfesuchenden oftmals lange Zeit in der Warteschleife verbringen müssen. Da wird dann schnell mal ersatzweise die 112 angerufen.

Die alle fünf Jahre fortgeschriebene Rettungsdienstbedarfsplanung sieht die Anschaffung von drei weiteren Krankenwagen und einem Rettungswagen vor. „Doch der Knackpunkt bleibt das Personal“, so Zellerhoff. Dabei wirbt er voller Begeisterung für eine Tätigkeit im Rettungsdienst: „Eine extrem interessante und abwechslungsreiche Aufgabe, man hat viele positive Erlebnisse und kann den Menschen helfen!“ Zellerhoff weiß, wovon er spricht: Er hat selbst 1991 beim Rettungsdienst begonnen, studierte später Medizin, war jeweils halbtags als Oberarzt im Grevenbroicher Krankenhaus und als Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Rhein-Kreis tätig; seit 2016 übt er letzteren Posten in Vollzeit aus.

Bei all den Problemen, die sich auftun, ist laut Zellerhoff trotz der hohen Belastungssituation bisher kein Patientenschaden entstanden. „Jetzt müssen wir daran arbeiten, dass dies auch in Zukunft nicht passiert. Dies müssen wir gemeinsam angehen“, verweist Zellerhoff auf eine gute Vernetzung von Ärzten, Krankenhäusern und Rettungsdienst: „Wir alle sind Teile der Rettungskette, gemeinsam müssen wir die Probleme angehen!“

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