Todesurteil für Fische: Teile der Obererft trockengelegt Wehr an der Obererft wurde zweimal beschädigt

Selikum · Jetzt wurde den Fischen in der Obererft endgültig der Garaus gemacht: Am Samstag, 30. Dezember, wurde das Schlauchwehr im Selikumer Busch innerhalb von drei Wochen zum zweiten Mal mutwillig beschädigt, sodass Teile der Obererft trockengelegt wurden. Es gibt Videoaufnahmen vom mutmaßlichen Täter, aber der Erftverband hofft auch auf Hinweise von Zeugen. Denn das Motiv des Randalierers bleibt völlig unklar: Was bewegt einen Menschen dazu, derartige Zerstörungswut – scheinbar gezielt und geplant – an den Tag zu legen?

Ulrich Muris, Abteilungsleiter Gewässerunterhaltung beim Erftverband, an dem mutwillig beschädigten Schlauchwehr: In dieser Woche fanden hier aufwendige Reparaturarbeiten statt.

Ulrich Muris, Abteilungsleiter Gewässerunterhaltung beim Erftverband, an dem mutwillig beschädigten Schlauchwehr: In dieser Woche fanden hier aufwendige Reparaturarbeiten statt.

Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

Was war geschehen? Anfang Dezember hatte sich ein Unbekannter mit Gewalt Zugang zum Wehr in Selikum verschafft und dort je einen langen Schlitz in die beiden rund acht Meter langen Schläuche geschnitten. Genau das wiederholte sich am vergangenen Samstag. Diesmal kam er nicht wie beim ersten Mal durch das Tor; er bahnte sich einen Weg durch Matsch, Gesrüpp und Schlamm, um an sein Ziel zu gelangen. Und hier wurde er aufgenommen: Es gibt Aufzeichnungen einer Videokamera, die nach der ersten Tat zur Rund-um-die-Uhr-Bewachung installiert wurde. Auch bestand die Möglichkeit, den Mann über Lautsprecher direkt anzusprechen. Die leider recht unscharfen Aufzeichnungen zeigen eine Person, die auf dem Steg „rumhantiert“ und wahrscheinlich mit einer Akkuflex das Tor zum Schlauchwehr öffnete. Mit diesem Gerät machte sich der Täter dann auch an den Schläuchen zu schaffen. „Die mit Luft aufgepumpten Schläuche regulieren sehr genau den Wasserstand. Aber wenn die Luft entweicht, drückt das Wasser den Schlauch nieder und oberhalb der Wehranlage führt die Obererft (fließt durch die Stadt zum Hafenbecken 1, Anmerkung der Red.) weniger Wasser“, erklärt Ulrich Muris, Abteilungsleiter Gewässerunterhaltung beim Erftverband. „Das Wasser verbleibt in der Erft, allerdings auf deutlich tieferem Niveau“, so Muris. Er verweist auf die Tatsache, dass der Täter eigens für die Tat mit einer Akkuflex angerückt ist. Mit einen Messer hätte dieser die massiven Schläuche kaum derart beschädigen können.

Ein Detail, das nachdenklich macht: Offenbar hatte der Täter Ortskenntnisse, denn das Wehr in Selikum ist das einzige Schlauchwehr im Gebiet des Erftverbands; bei den anderen sieben Vorrichtungen handelt es sich um Stahlklappen-Wehre – und die hätten mit einer Flex nicht derart zerstört werden können.

 Nach dem sinnlosen Akt der Zerstörungswut am Schlauchwehr führt die Obererft an einigen Stellen nur noch sehr wenig Wasser.

Nach dem sinnlosen Akt der Zerstörungswut am Schlauchwehr führt die Obererft an einigen Stellen nur noch sehr wenig Wasser.

Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

Die Beseitigung der Schäden nach dem ersten Vandalismus-Fall kostete den Erftverband rund 9.500 Euro. „Jetzt wird’s teurer, wegen der hohen Wasserführung der Erft können wir die Reparatur nicht in gleicher Weise vornehmen wie beim ersten Mal“, weiß Muris. Für einige Arbeitsschritte bedarf es absoluter Trockenheit – und die ist bei der zuzeit relativ viel Wasser führenden Erft nicht gegeben. Deshalb musste ein Gerüst aufgebaut werden, dann begannen die Flickarbeiten. Ob der Schaden bis Ende dieser Woche behoben werden kann, stand bis Redaktionsschluss nicht fest.

Nach Vandalismus am Wehr liegen Teile der Obererft trocken
Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

Doch eins ist traurige Tatsache: Die meisten Fische in den Nebenarmen der Obererft sind jämmerlich verendet.

Nach Vandalismus am Wehr liegen Teile der Obererft trocken
Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

Wie geht es jetzt weiter? Und ist auch das Groov’sche Loch betroffen?

Es sollen Gespräche zwischen Stadt und Erftverband stattfinden, um gegebenenfalls andere technische Lösungen zu finden. Die Videoüberwachung bleibt bestehen, die Aufnahmen vom vergangenen Samstag, 22.34 Uhr, werden weiter ausgewertet. „Auch wurde die Polizei informiert, sie ist in den vergangenen drei Wochen im Bereich des Wehrs verstärkt Streife gefahren“, so Muris. Er hofft auf Tipps aus der Bevölkerung: Wer verdächtige Beobachtungen gemacht hat, wird um Hinweise an die Polizei unter Tel. 02131/3000 oder direkt an den Erftverband, Ulrich Muris, Tel. 02271/88-21 29, gebeten.

Aber es bleibt noch eine weitere Frage zu klären: Ist das Groov’sche Loch, ein Feuchtbiotop an der Pomona, auch von der Trockenlegung betroffen? „Da hängt das weitere Vorgehen davon ab, ob es dem Erftverband gelingt, das beschädigte Schlauchwehr bis spätestens Ende dieser Woche wieder zu reparieren“, erklärt Stadt-Pressereferentin Jana Josten. „Dann wären weitere Maßnahmen in Bezug auf den Fischbestand im Groov’schen Loch nicht erforderlich.“ Für den Fall, dass die Reparatur nicht gelingen sollte, bereitet die Stadt Neuss als Plan B das Abfischen der Fische im Groov’schen Loch an diesem Wochenende vor. „Grundsätzlich führen die aktuellen Niederschläge dazu, dass das Groov’sche Loch nicht so schnell trocken fallen kann wie etwa in einer sommerlichen Trockenperiode“, so Josten.

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