Posse um CDU-Vizebürgermeister: Sehr, sehr viele fühlen sich berufen

Neuss · Helga Koenemann ist nicht zu beneiden. Sie arbeitet als CDU-Fraktionschefin professionell, macht Bürgermeister Reiner Breuer Dampf und schmiedet geschickt Mehrheiten im Rat. Nun hat sie ein kluges und nachvollziehbares Procedere für die Wahl des ersten Vizebürgermeisters angeordnet, an das sich allerdings niemand – außer Sebastian Rosen – in ihrem Club hält.

 Auch dass sympathische Nüsser Kirmesvolk freut sich auf gute Vizebürgermeister und will fröhlich „regiert“ werden.

Auch dass sympathische Nüsser Kirmesvolk freut sich auf gute Vizebürgermeister und will fröhlich „regiert“ werden.

Wie Kai aus der Kiste kommen nach dem von ihr verordneten Anmeldeschluss wackere Interessenten zum Vorschein. Fast jeder will´s „eventuell“ werden.

Das große Taktieren hat begonnen. Bis zum 16. Januar sollten sich aus der 27-köpfigen Fraktion Interessenten für das Amt und damit die Nachfolge von Thomas Nickel finden. Zum vereinbarten Bewerbungsschluss vergangenen Samstag hat sich nur Sebastian Rosen offiziell gemeldet (wir berichteten). Doch der bekommt es jetzt vermutlich doch mit Mitbewerbern, die sich berufen fühlen, zu tun. Vermutlich auch, weil Bürgermeister Reiner Breuer nun verbreitet hat, dass es für diese eigentlich ehrenamtliche Position 1600 Euro „Aufwandsentschädigung“ pro Monat zusätzlich zu den sonstigen Bezügen als Ratsmitglied gibt, kommen jetzt ein halbes Dutzend weitere Kandidaten zum Vorschein.

So will zum Beispiel Ratsfrau Schäfer (geht auf die 70 zu) ihren politische Karriere zum Abschluss mit dem Amt als Vizebürgermeisterin „krönen“. Aber nur, wenn ihre Freundin Angelika Quirin-Perl (auch um die 70) nicht kandidiert. Sie wird aber wohl ihren Hut in den Ring werfen, wie zu hören ist. Gute Chancen hat Anne Holt (auch Ü 60). Ratsherr Kracke hat zudem Interesse angekündigt, ebenso Ratsherr Schümann.

Mit sechs oder sieben Kandidaten wird am kommenden Samstag auf der CDU-Klausur gerechnet. Schon heute wird heftig telefoniert, Absprachen sind zu treffen und Verletzungen Unvermeidbar. Doch die meisten wollen nur „eventuell“ kandidieren und erst einmal den ein- oder anderen Pressebericht und die Meinungslage abwarten. „Man kann sich auch zu Tode taktieren“, äußert sich ein genervter Sebastian Rosen, dessen aktuelles Stadt-Kurier-Interview zum den meistgelesensten Artikeln des Jahres gehört, der aber in der Fraktion weit aus mehr Gegner als in der Partei hat, wo er beachtliche Erfolge feiert. Doch die Fraktion tickt anders, ist längst losgelöst von der Basis und leckt immer noch die Wunden der jüngsten Wahlschlappen.

Helga Koenemann hat nun ihren Geschäftsführer beauftragt, eine ordentliche Wahlkabine vorzubereiten, „wo auch jeder rein muss, damit eine geheime Wahl möglich ist“. Während viele Beobachter bedauern, dass Leute wie die in der Gesellschaft beliebten Dieter Welsink, Herbert Hilgers oder Martin Flecken nicht kandidieren, witzelt der politische Gegner schon über die Pöstchen-Geilheit der CDU-Fraktion. Sieben von 27 wollen´s werden...

Übrigens ist noch gar nicht sicher, ob der Amtsinhaber Thomas Nickel zurücktritt. Noch hat er dies offiziell nicht erklärt. Der könnte völlig zurecht auf die Idee kommen, die Fraktion zu stabilisieren, in dem er einfach auf dem Vizebürgermeisterstuhl sitzen bleibt, auch wenn ihm sein Bezwinger und Wahlsieger Reiner Breuer (SPD) aus Kostengründen das Büro und die Sekretärin schon weggenommen hat, was dem frischen Bürgermeister viele Sympathien bringt, weil die Bürger einfach wollen, dass auch die Damen und Herren Politiker sparen und nicht nur der kleine Mann.

(Kurier-Verlag)
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