„Wie werden Flüchtlingsmänner den ganzen Tag unterhalten?“ Häufige Fragen und Antworten

Neuss · Die dezentralen Flüchtlingsunterkünfte in Allerheiligen und Uedesheim werden aufgrund sinkender Zahlen vorerst nicht gebaut. Das verkündete Bürgermeister Breuer zuletzt auf einer Informationsveranstaltung.

 Bürgermeister Reiner Breuer war mit einer ganzen Entourage aus der Stadtverwaltung nach Allerheiligen gekommen. Über 100 Interessierte besuchten die Veranstaltung.

Bürgermeister Reiner Breuer war mit einer ganzen Entourage aus der Stadtverwaltung nach Allerheiligen gekommen. Über 100 Interessierte besuchten die Veranstaltung.

Die Stadt behält sich vor, auf diese Grundstücke zurückzugreifen, wenn sich der Trend wieder ändert. Für die Bürger blieben dennoch viele Fragen offen. Das sind die Antworten.

Wie sollen wir mit Flüchtlingen umgehen, die sich nicht integrieren lassen wollen? Ein Beispiel: Ich bin Elektriker und haben mit meinen Kollegen in einer Düsseldorfer Flüchtlingsunterkunft gearbeitet. Dort lachten uns die Anwohner — alleinstehende Männer — aus, weil wir für sie arbeiten mussten.

Sozialdezernent Ralf Hörsken: "Ich würde Ihnen gern sagen, dass wir mit unserem Konzept so gut aufgestellt sind, dass so etwas bei uns nicht vorkommen wird. Das kann ich aber nicht, denn es kann immer solche Fälle geben. Dann müssen wir dranbleiben und wenn das Verhalten in Richtung Kriminalität geht, die Mittel unseres Rechtsstaates einsetzen. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, dass so etwas vermieden werden kann, wenn wir diese Menschen mitnehmen, ihnen Perspektive und Beschäftigung geben. Eine Garantie kann weiterhin keiner geben.

Bei uns werden doch Familien zugewiesen und nicht allein stehende Männer, oder?

Sozialdezernent Ralf Hörsken: "Wir wissen im Vorfeld nicht, wer uns zugewiesen wird und können Ihnen deshalb keine Versprechen machen. Wir werden aber versuchen, Ihnen Menschen zuzuordnen, die von der Sprache und vom kulturellen Hintergrund zueinander passen. Natürlich ist eine Mischung mit vielen Familien ideal."

Wie werden allein stehende Männer den ganzen Tag unterhalten?

Sandra Lippe, Beauftragte für die Unterbringung von Flüchtlingen in Neuss: "Sie werden es nicht glauben, aber kaum sind die Neuankömmlige aus den Bussen gestiegen, schon haben sie mehrere Angebote für Sprachkurse. Uns ist ein großes Anliegen, dass diese Menschen zunächst unsere Sprache lernen. Dann erfahren wir hier hervorragende Unterstützung von Ehrenamtlern, die gemeinsame Unternehmungen planen. Und es gibt natürlich auch geschulte Betreuer, die jeden Tag vorbeischauen.

Ich habe Angst, dass sich Einzelne radikalisieren. Haben Sie ein Instrument, um so etwas frühzeitig zu erkennen?

Jürgen Hages, Leiter Integrationsbüro: "Dafür haben wir geschulte Sozialpädagogen und gegebenenfalls einen Wachdienst, die Verhaltensveränderungen bemerken."

Sozialdezernent Ralf Hörsken: "Wir lernen an Beispielen, wo etwas schief gelaufen ist. Im Fall Amri von Berlin hatten wir es mit einem Mann zu tun, der über 16 Identitäten verfügte. Er war nie eingebunden, erfasst oder kontrolliert. Und genau das wollen wir mit unserem System besser machen.

Ich mache mir Sorgen um meine Tochter. In unserem kleinen Stadtteil ist nicht viel los und ich habe Angst, dass die Männer auf dumme Gedanken kommen, wenn sie nichts zu tun haben. Wie können sie ihren Schutz gewährleisten?

Sozialdezernent Ralf Hörsken: "Ich verstehe Ihre Bedenken vollkommen. Wir wollen, dass diese Menschen schnellstmöglich einen geregelten Tagesablauf haben. Deswegen habe ich bereits meine guten Kontakte zur Arbeitsagentur genutzt und sehr deutlich gemacht, dass hier was passieren muss. Das kann mitunter auch als Schutzsystem dienen.

Warum werden die Flüchtlinge nicht in bestehenden Unterkünften wie dem Alexius-Krankenhaus oder der Traglufthalle untergebracht?

Sozialdezernent Ralf Hörsken: "Wir wollen nicht den gleichen Fehler machen, wie die Franzosen, die die Flüchtlinge in Sammelunterkünfte gegeben und sich kaum um sie gekümmert haben. So ist keine Integration möglich. Zusätzlich sind die angesprochenen Optionen nichts für einen dauerhaften Aufenthalt. In der Traglufthalle gibt es beispielsweise keine Fenster, die Luft ist dort schlecht. Sie ist nur etwas für den Notfall und ich bin froh, dass sie bisher nicht genutzt werden musste."

Ich war mal in so einem Containerdorf drin und finde das die Unterkunft menschenunwürdig ist. Gibt es da keine Alternative?

Bürgermeister Reiner Breuer: "Diese Container sind alles andere als menschenunwürdig. Sie entsprechen den neusten Standards und bieten den Bewohnern alles, was sie zum Leben brauchen. Zudem haben wir die Zahl der geplanten Anwohner von über 100 auf 55 halbiert."

Warum werden die Flüchtlinge stattdessen nicht in Wohnungen untergebracht?

Bürgermeister Reiner Breuer: "Sicher würden wir die zu uns kommenden Menschen lieber in Wohnungen unterbringen, aber leider verfügen wir über sehr wenig bezahlbaren Wohnraum. Wir arbeiten gerade daran, dass sich das ändert. Mit dem Bauverein habe ich ernste Gespräche geführt."

(Kurier-Verlag)
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