Stingesbachsammler in der Nordstadt soll neu gebaut werden Für die zehn Meter breite Baustraße sollen im „Pappelwäldchen“ Hunderte Bäume gefällt werden – CDU übt Kritik

Nordstadt. Zahlreiche Bürger der Nordstadt sind entsetzt: In ihrem geliebten Pappelwäldchen, das sich vom Bahndamm bis zur Römerstraße und dann weiter zum Kirmesplatz hinzieht, sollen zahlreiche Bäume gefällt werden.

Die rote Linie zeigt den Verlauf der alten Kanaltrasse, die blaue Line den der neuen Kanaltrasse, die künftig unter dem Weg liegen soll.

Die rote Linie zeigt den Verlauf der alten Kanaltrasse, die blaue Line den der neuen Kanaltrasse, die künftig unter dem Weg liegen soll.

Foto: baustellenradar.de

Der Grund: Der so genannte „Stingesbachsammler“, der bei Starkregen Überschwemmungen verhindern soll, ist laut Infrastruktur Neuss (ISN) derart beschädigt, dass ein Neubau fällig ist. Der Kanal stammt aus dem Jahre 1957. „Er weist massive Beschädigungen auf“, weiß ISN-Sprecher Jürgen Scheer. Eine Erneuerung in der derzeit vorhandenen Trasse hätte einen ungleich größeren Eingriff in die Grünstrukturen der Aue zur Folge, da zur Herstellung einer Baustraße und auch einer dauerhaften Wartungstrasse für die betriebliche Unterhaltung auf Dauer deutlich mehr Grünbestand entfernt werden müsse. Und so soll der Kanal künftig unter dem Rad- und Fußweg verschwinden. Doch dafür muss auf einer Länge von rund einem Kilometer eine circa zehn Meter breite Bresche durch den Wald geschlagen werden. Hunderte Bäume müssten gefällt werden. Der Weg soll mit einer Breite von drei Metern wieder hergestellt werden. Die ISN verspricht eine ökologisch hochwertige Aufforstung.

Silvia Dorka, eine Bürgerin aus der Nordstadt, hat bereits zweimal Bürgermeister Reiner Breuer angeschrieben. Sie will die umfangreichen Rodungen verhindern. „Die Vorfluter sollten lediglich das Übermaß an Wasser auffangen, das der Stingesbach selbst bei Starkregenereignissen nicht mehr fassen konnte. Dieser wurde jedoch nur aus Niederschlägen und dem Grundwasser gespeist“, erklärt sie. Aufgrund der vermehrten Dürrephasen und des Absinkens des Grundwasserspiegels sei der Stingesbach nicht mehr existent. Selbst beim Starkregenereignis 2021 habe es im Gebiet der Stingesbachaue keine Überflutungen gegeben. Zudem befürchtet sie, dass das Strauchwerk, das ebenfalls in großem Umfang beseitigt werden müsste, nicht mehr neu gepflanzt wird.

Auch die CDU übt Kritik am Vorgehen der Stadt. „Die Rodungsarbeiten im Landschaftsschutzgebiet sind ein massiver Eingriff in die Natur. Und das im Neusser Norden, wo es relativ wenige Bäume gibt. Die Anwohner fragen deshalb zurecht, ob diese Rodungen wirklich sein müssen. Eine solche Rodung passt nur schwerlich in unsere Zeit, in der wir für jeden Baum in unserer Stadt kämpfen. Die Verwaltung muss daher den Bürgern darlegen, warum die Rodung zwingend notwendig ist und es keine Alternativen dazu gibt. Dies ist bisher nicht erfolgt“, erklärt die Vorsitzende der CDU Nordstadt, Monika Mertens-Marl. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Sven Schümann fordert eine Bürgerinformationsveranstaltung vor Ort, zu der die Anwohner mit Flyern eingeladen werden sollten. Die CDU wird einen entsprechenden Antrag in die Ratssitzung am 23. September einbringen.

Die Erneuerung des Stingesbachsammlers wurde bereits 2018 mit dem Generalentwässerungsplan 2019 bis 2024 vom Stadtrat beschlossen. Seit April dieses Jahres sind die Details der Maßnahme auf der Internetseite des Baustellenradars der Stadt zu finden (www.baustellenradar-neuss.de).

Der erste Bauabschnitt – vom Bahndamm in Richtung Römerstraße – soll Anfang 2023 erfolgen. Die ersten Bäume werden aber voraussichtlich schon in diesem Jahr fallen. Bauabschnitt zwei – von der Römerstraße bis zum Kirmesplatz – soll im Herbst 2023 in Angriff genommen werden. Die Dauer der gesamten Maßnahme wird auf zwei Jahre angesetzt.

Rolf Retzlaff

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