Ist St. Martin gefeuert? Neusser wollen Martinsfest behalten
Neuss · Wie leicht ist es, das Fest des Heiligen Martin einfach aus dem christlichen Kalender zu streichen? Diese Frage kommt seit einigen Jahren immer wieder auf, denn in vielen Kindergärten und Schulen bundesweit wird immer häufiger ein "Lichterfest" oder ein "Sonne-Mond-und-Sterne-Fest" gefeiert — und St. Martin und die Mantelteilung werden einfach ausrangiert.
Auch in Neuss ist diese Diskussion schon häufig laut geworden.
Noch vor zwei Jahren forderte Rüdiger Sagel, NRW-Parteivorsitzender der Partei "Die Linke", das traditionelle Martinsfest umzubenennen, aus Rücksicht auf Kinder anderer Konfessionen stattdessen ein "Sonne-Mond-und-Sterne-Fest" zu feiern. Zur Erinnerung: Das Martinsfest wird zu Ehren des heiligen Martin von Tours, dem Schutzpatron der Armen, Bettler und Reisenden, gefeiert. Die Mantelteilung nach dem Umzug ist eine langjährige christliche Tradition und soll den Menschen Tugenden wie das Teilen und die Barmherzigkeit wieder näher bringen. Und weil diese Werte nicht nur für Christen, sondern für Menschen aller Religionszugehörigkeiten Gültigkeit haben, stieß Sagels Vorschlag auf breite Ablehnung. Während in der Nachbarstadt Düsseldorf immer mehr Schulen den Mantel und die Martinslieder wegpacken und nur noch Laternen und Weckmänner an das traditionelle, christliche Fest der Barmherzigkeit und Nächstenliebe erinnern, sieht das in der Quirinusstadt ganz anders aus.
In Neuss feiern muslimische Kinder das Martinsfest genauso ausgelassen, wie christliche Kinder — das beobachtet Philip Benning, Präsident des St. Martin-Komitees Neuss-Altstadt. Er und sein Team organisieren Jahr für Jahr den größten Umzug der Stadt — fast alle Neusser Innenstadt-Schulen beteiligen sich daran, über 1.000 Schüler sind angemeldet. "Bei mir sind bisher keine Forderungen oder Gedanken an die Umbenennung des Martinsfestes aus der Innenstadt angekommen", freut sich Benning. "Unser Umzug wird zunehmend gemischter und ist mittlerweile richtig multikulturell. Ich sehe viele muslimische Kinder und kann keinen Unterschied erkennen — sie haben genauso viel Spaß am Laternenbasteln, Martinslieder singen und die Mantelteilung zu beobachten, wie christliche Kinder."
Auch Cordula Clemens, Leiterin der katholischen Münsterschule, kann das bestätigen. Sie meint: "Die Münsterschule ist sehr multikulturell, trotzdem feiern wir das traditionelle Martinsfest. Von den ausländischen Eltern wird eine Umbenennung sogar vehement abgelehnt — sie wollen, dass ihre Kinder St. Martin mit uns feiern."
Warum St. Martin bleiben muss, weiß Oberpfarrer Monsignore Guido Assmann: "Wir feiern jedes Jahr den Heiligen Martin. Wenn wir jetzt die Mantelteilung weglassen und nur noch einen Umzug mit Laternen durchführen, hat das mit unserem Brauch nichts mehr zu tun. Was drin ist, sollte auch drauf stehen. Wofür Martin steht, hat nicht nur für Christen einen Wert. Man sollte nur wissen, was wir da überhaupt feiern — dann kann jeder mitmachen, egal welcher Religion er angehört."