Vergeblicher 112-Notruf: „Seitdem habe ich Albträume“

Neuss · Vor wenigen Wochen fühlte sich Ute Roeder wie in einem Albtraum gefangen: Von schweren Herzproblemen geplagt, griff sie zum Telefonhörer und wählte die 112, doch am anderen Ende wollte man sie nicht ernst nehmen.

 Ute Roeder brauchte Hilfe und wählte die Notrufnummer 112. Doch dort fühlte sie sich nicht ernst genommen. Erst beim zweiten Anruf schickte man ihr einen Rettungswagen.

Ute Roeder brauchte Hilfe und wählte die Notrufnummer 112. Doch dort fühlte sie sich nicht ernst genommen. Erst beim zweiten Anruf schickte man ihr einen Rettungswagen.

Foto: Foto: T Broich

Da die Neusserin regelmäßig mit Herzproblemen zu kämpfen hat, kann sie die Symptome sehr gut identifizieren. Für sie stand fest: Hier liegt eine lebensbedrohliche Situation vor. Die Person am anderen Ende der Notrufleitung schien das nicht so zu sehen und wollte ihr partout keinen Rettungswagen schicken.

„,Woher soll ich wissen, ob da wirklich ein Notfall vorliegt? Ich habe doch hier keine Glaskugel’, mit diesen Worten wollte mich dieser Mensch abwimmeln“, berichtet Ute Roeder. „Ich schilderte meine medizinische Vorgeschichte, beteuerte, dass ich unter hohem Blutdruck leide und Medikamente nehmen müsse. Da lachte mein Gesprächspartner nur und sagte, Medikamente müsse er auch nehmen. Stattdessen empfahl er mir, den Ärztlichen Notruf 116 zu kontaktieren.“ Das tat Ute Roeder umgehend, doch der Notarzt in Bereitschaft konnte ihr ohne ein EKG auch nicht helfen.

Sein dringender Appell: „Versuchen Sie es noch einmal unter der 112!“ Und siehe da, beim zweiten Versuch wurde Ute Roeder mit einem Mitarbeiter verbunden, der umgehend Hilfe schickte. Während eines längeren Krankenhausaufenthaltes wurde Roeder in den vergangenen Tagen wegen ihrer schweren Herzrhythmusstörungen behandelt, zwei massive Eingriffe mussten vorgenommen werden und auch hier erhielt sie die Bestätigung, dass ihre Selbsteinschätzung vollkommen richtig war.

Ute Roeder rückblickend: „Die Angst verfolgt mich auch weiterhin, ich habe schlaflose Nächte. Dieser Mensch weiß nicht, was er bei mir ausgelöst hat. Das mindeste, was ich jetzt erwarten würde, ist eine Entschuldigung.“

Kreis-Pressesprecher Reinhold Jung (der Rhein-Kreis Neuss ist zuständig für die Besetzung des 112-Notrufes) erklärt auf Anfrage: „Auch im Zweifelsfall sollte sich niemand scheuen, die 112 zu wählen. Mit einer standardisierten Abfrage und der damit möglichen Auswertung der Notrufabfrageergebnisse ist ein effizientes Qualitätsmanagementsystem möglich.“ In diesem System sollten solche Fälle nicht vorkommen.

Ute Roeder hat ihren Fall beim zuständigen Amtsleiter persönlich gemeldet und ist mit der Reaktion mehr als unzufrieden, auf eine Entschuldigung wartet sie immer noch vergeblich. „In meinen Augen grenzt das an unterlassene Hilfeleistung!“, sagt sie und erwägt eine Anzeige gegen die Verantwortlichen.

Thomas Broich

(Kurier-Verlag)
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