Die FWG Kaarst strebt eine Klage an Verlust des Fraktionsstatus – das will sich Josef Karis nicht bieten lassen

Kaarst · Die jüngste Änderung der Gemeindeordnung in Nordrhein-Westfalen hat weitreichende Konsequenzen für die politische Landschaft in den Kommunen. Während die Neuregelung auf den ersten Blick technisch und unbedeutend erscheinen mag, entpuppt sie sich bei genauerem Hinsehen als ein Instrument, das kleinere Parteien und Wählergemeinschaften benachteiligt.

Josef Karis und Gerhard Schmitz von der FWG am Wahlabend im Rathaus. Bei der Präsentation der Ergebnisse waren sie noch optimistisch, dass die Fraktionsstärke gegeben ist.

Foto: Kurier-Verlag/Thomas Broich

Das Kernproblem: Nicht mehr die Mindestgröße an Sitzen im Stadtrat entscheidet über den Fraktionsstatus, sondern die Mindestgröße plus Überhang- und Ausgleichsmandate. Ein Beispiel zeigt das Problem: In einer Stadt mit 44 Sitzen Mindestgröße zieht eine Partei mit einem bestimmten Prozentsatz als Fraktion ein, da sie unter der Grenze von 50 Sitzen bleibt. In einer anderen Stadt mit dem gleichen Wahlergebnis führt die gleiche Partei jedoch aufgrund von Überhang- und Ausgleichsmandaten zu einer Gesamtzahl von über 50 Sitzen im Stadtrat – und verliert damit ihren Fraktionsstatus.

Genau dieses Schicksal trifft aktuell die FWG Kaarst, die Partei „Die Linke“ und die Gruppierung „Wir für 41564“ in Kaarst. Durch die Hinzunahme von zehn Überhang- und Ausgleichsmandaten zur Mindestgröße von 44 Sitzen überschreitet der Stadtrat die Grenze von 50 Sitzen. Die Folge: Die betroffenen Parteien und Gruppierungen verlieren ihren Fraktionsstatus und sind fortan nur noch als „Gruppen“ vertreten.

Der Verlust des Fraktionsstatus hat gravierende Konsequenzen, zum einen finanzielle Einbußen: Fraktionen erhalten eine deutlich höhere finanzielle Unterstützung für ihre Geschäftsstellen und Infrastruktur. Als Gruppe sind die Mittel stark reduziert, was die politische Arbeit erheblich erschwert. Dann eingeschränkte Handlungsfähigkeit, da Gruppen zwar Anträge stellen können, jedoch die Unterstützung einer größeren Partei benötigen, um diese überhaupt auf die Tagesordnung zu bringen. Dies schränkt ihre politische Eigenständigkeit massiv ein. Dazu kommt noch der Verlust von Rechten: Fraktionen haben bestimmte Rechte, wie das Initiativrecht für Anträge oder die Möglichkeit, Ausschüsse zu besetzen. Gruppen sind hier deutlich schlechter gestellt. Die geänderte Regelung wirft auch verfassungsrechtliche Fragen auf. Das Grundgesetz garantiert in Artikel 21 die Chancengleichheit der politischen Parteien. Indem kleinere Parteien und Wählergemeinschaften durch die neue Regelung systematisch benachteiligt werden, könnte dies gegen den Grundsatz der gleichen Wahl und der fairen politischen Teilhabe verstoßen.

Josef Karis, bislang Fraktionsvorsitzender der FWG Kaarst, hat nun Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf eingereicht. „Ich nehme die Kosten gerne in Kauf, um in dieser Sache die Gerechtigkeit wiederherzustellen“, erklärt Karis. Gerhard Schmitz, sein Mitstreiter und ebenfalls noch Fraktionsvorsitzender der FWG Kaarst schließt sich inhaltlich vollumfänglich der Klage vor dem Verwaltungsgericht an.

Die Stadtverwaltung Kaarst hält sich dazu noch bedeckt. Auf Anfrage der Redaktion lässt sie verlautbaren: „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu laufenden rechtlichen Verfahren grundsätzlich nicht äußern. Sobald das Verfahren abgeschlossen ist, werden wir gegebenenfalls informieren.“