„Humor ist, wenn man trotzdem lacht!“, sagte schon der Kabarettist Otto Julius Bierbaum Ende des 19. Jahrhunderts. Und die Neusser PARTEI-Mitglieder scheinen sich dies als Wahlmotto sehr zu Herzen genommen zu haben. Politikinteressierte finden in ihrem Wahlprogramm nicht eine Forderung, die wirklich ernst zu nehmen ist. Ein paar Kostproben gefällig? Kostenloses Parken nur noch für römische Streitwagen und Hansekoggen im Hafenbecken, jeder Neusser Haushalt erhält einen Rheinmetall-„Schützen“-Panzer zur Selbstverteidigung, solange Frauen nicht mitmarschieren dürfen, werden der Hauptstraßenzug und der Weg zum Festzelt wahlweise rosa oder in den Farben des Regenbogens zum Schützenfest eingefärbt, Lateinunterricht ab der Grundschule für alle, verpflichtendes Jahr zur Ausbildung als Senatorin, Legionär, Gladiator oder Vestalin. Da haben die „PARTEI“’ler wohl etwas zu tief in der Neusser Geschichtskiste gebuddelt ...
„Es ist das vermutlich beste Wahlprogramm, seit Caesar die Gallier aus unserem wunderbaren Neuss vertrieben hat“, frohlockt Strauß. „Durch das kostenlose Parken für Hansekoggen im Hafen werden endlich wieder mehr Händler in die Stadt getrieben, die unserer Wirtschaft einen Aufschwung geben werden. Durch das neue Kolosseum wird Neuss dann auch endlich seinen rechtmäßigen Platz als Haupttourismusort in der Region erhalten.“
Eins hat die „PARTEI“ allerdings bereits jetzt erreicht – einen Spitzenplatz in Sachen Kreativität: Es gibt wohl kaum Mitbewerber, die derart viele verschiedene Wahlplakate aufgehängt haben – vor allem in der Nordstadt. Hier ist Strauß beheimatet.
Mal sehen, ob’s was bringt: Bei der Kommunalwahl 2020 stimmten 823 Neusser (1,4 Prozent) für die PARTEI. Seitdem sitzt Yulia Vershinina im Stadtrat. Gemeinsam mit der Linken bildet sie eine Fraktion. Und sie versucht, etwas Ernsthaftigkeit zu verbreiten: „Beim flüchtigen Blick auf das Programm könnte man voreilig ,typischer PARTEI-Klamauk’ denken. Damit würde man verkennen, dass die Auswüchse der Realpolitik in einigen Bereichen die Satire längst übertroffen haben.“ Und da sind wir wieder beim guten, alten Bierbaum ...