Stadt Kaarst baut City für Blinde aus

Kaarst · Schritt für Schritt sorgt die Stadt Kaarst dafür, dass Blinde und Sehbehinderte im Alltag besser zurechtkommen. Erst vor wenigen Wochen wurde der Gehweg vor der Sparkassenfiliale an der Neusser Straße im Zuge von Umbauarbeiten mit einem Leitliniensystem versehen.

 Margaret Reinhardt, Manuela Dolf und Emanuel Stadler (vorne, von links) freuen sich über das Leitliniensystem. Elke Anders und Lukas Litarski von der Stadt Kaarst unterstützen die Blind-Gänger.

Margaret Reinhardt, Manuela Dolf und Emanuel Stadler (vorne, von links) freuen sich über das Leitliniensystem. Elke Anders und Lukas Litarski von der Stadt Kaarst unterstützen die Blind-Gänger.

Foto: Foto: Violetta Fehse

"Jetzt finde ich mich hier besser zurecht", bestätigt Manuela Dolf, Mitbegründerin der Gruppe "Kaarster Blind-Gänger".

Es ist noch nicht einmal zwei Jahre her, als sich mehrere sehbehinderte Kaarster zusammentaten, um auf die Missstände in ihrer Stadt aufmerksam zu machen. Seitdem ist eine ganze Menge passiert. Das wohl wichtigste: "Es hat ein Umdenken stattgefunden", bestätigt SPD-Politikerin Sabine Kühl. "Ich gebe zu, dass wir die Belange der Blinden einfach nicht auf dem Schirm hatten. Nachdem wir von den Kaarster Blind-Gängern darauf hingewiesen wurden, ist es uns wie Schuppen von den Augen gefallen."

Manuela Dolf hat gemeinsam mit Emanuel Stadler und Margaret Reinhardt vieles auf den Weg gebracht. Nur zwei Monate nach Gründung der Selbsthilfegruppe wurde eine Querungshilfe am Kaarster Rathaus eingerichtet. Bei Umbaumaßnahmen achten die Mitarbeiter des Amtes für Planung und Stadtentwicklung künftig darauf, dass die wichtigen Leitliniensysteme berücksichtigt werden. Das sind die Bodenplatten mit Rillen und Noppen, die Blinden dabei helfen, zu ertasten, wie Wege verlaufen oder an welcher Stelle eine Kreuzung kommt. "Es ist kostengünstiger die Leitliniensysteme im Zuge von Arbeiten, die sowieso anfallen, einzubauen.

So soll es dann auch in Zukunft gehandhabt werden", erklärt Elke Anders vom Planungsamt. Stück für Stück entsteht — so wie bei einem Puzzle — ein ganzheitliches Netz, dass Blinden hilft, im Straßenverkehr zurechtzufinden. Damit das System so gut wie möglich auf die Bedürfnisse von Sehbehinderten abgestimmt ist, arbeitet die Stadt mit den Mitgliedern der Kaarster Blind Gänger zusammen. Die wünschen sich vor allen Dingen ein barrierefreies System in der City. Und das ist bereits in Planung: Im Rahmen des Integrierten Entwicklungs- und Handlungskonzeptes (IEHK) für die Innenstadt, für das rund 500.000 Euro zur Verfügung stehen, soll eine barrierefreie Innenstadt entstehen — dazu gehört auch ein Blindenleitsystem, das alle neuralgischen Punkte wie Bäckereien, Supermärkte, Rathaus und weitere Geschäfte untereinander vernetzt. Allerdings müssen sich die Blindgänger noch ein wenig gedulden. Denn das IEHK startet 2019 und ist für fünf Jahre ausgelegt.

So lange müssen engagierte Einzelhändler, die das Leben von Sehbehinderten einfacher gestalten wollen, aber nicht warten. Denn es gibt laut SPD-Ratsfrau Kühl kostengünstige Alternativen zu Blinden-Leitliniensystemen. "Man muss nicht jedes Mal den Weg aufreißen. Es gibt auch Hilfsmittel für wenig Geld, die man aufkleben kann. Wenn wir die Einzelhändler dazu bewegen können, da mitzumachen, würden wir einen großen Schritt nach vorne machen."

Jetzt zeigen sich die Blind-Gänger erst einmal mit den aktuellen Fortschritten an der Neusser Straße zufrieden. Dort soll in Kürze auch die Ampelanlage mit Akustiksignalen versehen werden, sodass Sehbehinderte sicher über die Straße gelangen können. "Wir sind bereits mit Straßen NRW im Gespräch", so Kühl.

(Kurier-Verlag)
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