Rund 60 Autoren begeben sich auf den „Schicksalspfad“ „Wachrütteln“ und den Opfern ein Gesicht geben

Neuss/Kaarst · „Wachrütteln für ein Unrecht, was Menschen widerfahren ist, nie wieder geschehen darf, und Zukunft gestalten ohne Diskriminierung und Antisemitismus, das müssen unsere Ziele sein. Wir sind alle Menschen einer Welt und haben nur diese eine Welt für uns alle!

Carl-Wilhelm Bienefeld und Schulleiter Daniel Wienold (v.r.) präsentieren das Buch „Schicksalspfad“.

Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

“ Diese Worte der viel zu früh verstorbenen Nadine Graber (ehemals Lehrerin an der Gesamtschule Büttgen) bilden den Einstieg in den „Schicksalspfad“: Auf rund 330 Seiten ist es Carl-Wilhelm Bienefeld gelungen, ein wichtiges Stück lebendiger Erinnerungsgeschichte zusammenzutragen. Dementsprechend lautet der Untertitel des vor wenigen Wochen erschienenen Buches „ein gestern, für morgen.“ Mehr als 60 Autoren setzen sich mit dem Judentum in Büttgen und Umgebung auseinander. Das rund 330 Seiten starke Werk lässt auch ein Stück dunkler Neusser Geschichte aufleben: Dr. Jens Metzdorf, Leiter des Neusser Stadtarchivs, beleuchtet das Schicksal der Familie Mendel, die erst auf der Breite Straße, dann auf der Schwannstraße wohnte. Sohn Paul hatte den Plan, in einen Kibbuz in Palästina auszuwandern. Zur Vorbereitung besuchte er im Jahr 1934 theoretische und praktische Kurse in einem landwirtschaftlichen Betrieb in Büttgen. Doch auf dem Weg von dort nach Hause kam es zu einem tragischen Vorfall: „Tod auf der Landstraße“ titelte die Neusser Zeitung. Was passiert war und wie es den anderen Mitgliedern der Familie Mendel erging, erfahren die Leser des Buchs „Schicksalspfad“.

Foto: privat

Als Herausgeber sind neben Nadine Graber, ehemals Lehrerin an der Emmy-Noether-Gesamtschule in Büttgen, und dem Diplom-Theologen Carl-Wilhelm Bienefeld (er war unter anderem Lehrer am ehemaligen Theodor-Schwann-Gymnasium in Neuss) auch Dr. Frederick Krüll, Brudermeister der Büttger Bruderschaft, Daniel Wienhold, Rektor der Büttger Gesamtschule und Reinhold Mohr genannt. Letzterer verstarb ebenfalls vor Erscheinen des Buches, doch der Forschung des Historikers und Neusser Heimatforschers zum tragischen Schicksal des jüdischen Arztes Dr. Winfried Selbiger („Verfolgt, vertrieben, ausgewandert, zurückgekehrt und gescheitert“) wird ein großes Kapitel gewidmet.

Paul Mendel verstarb 1934 nach einem Unfall auf der Landstraße zwischen Holzbüttgen und Neuss.

Foto: Mendel

„In dem Buch sind Beiträge von bekannten und weniger bekannten Autoren zu finden. Ich hätte nie gedacht, dass das Werk so umfangreich wird“, erzählt Bienefeld, dass er nicht eine Absage „kassieren“ musste. Mit dabei sind unter anderem Sylvia Löhrmann, Staatsministerin a.D. und Beauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen für die Bekämpfung des Antisemitismus, für jüdisches Leben und Erinnerungskultur, der Büttger Pfarrer Ralph Düchting, Theologe Dr. Manfred Becker-Huberti, Birgit Hannemann vom Kulturforum Kaarst, der Neusser Ex-Schützenkönig Christoph Heusgen, ehemaliger UN-Botschafter und bis vor einigen Monaten Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, Karin Prien, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Gregor Ottersbach, Pfarrer der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Kaarst/Büttgen, die ehemalige Kaarster Bürgermeisterin Uschi Baum, der Kaarster Stadtarchivar Sven Woelke und Bert Römgens, Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf/Neuss. Auch hatten einige Schüler der Emmy-Noether-Gesamtschule Beiträge geleistet.

Das Buch „Schicksalspfad“ ist zum Preis von 18 Euro an folgenden Stellen zu haben: in Neuss im Bücherhaus am Münster (Krämerstraße 8), in Kaarst bei der Buchhandlung Petra Esser (Am Neumarkt 1), in Büttgen in der Wertheim Arts Galerie (Rathausplatz 4), Werners Shop (Rathausplatz 3), Buchladen Seitenreich (Rathausplatz 11-13), Bioland Lammertzhof (Neu Lammertzhof), in Vorst im Tuppenhof (Rottes 27) und in Holzbüttgen bei „Randvoll – Unverpackt“. Rolf Retzlaff