Oberst Walter Pesch und Adjutant Ben Dahlmann plaudern aus dem Nähkästchen Von Verantwortung und Vergnügen: So erleben Oberst und Adjutant das Fest

Neuss · Für Oberst Walter Pesch und seinen Adjutanten Ben Dahlmann gab es im vergangenen Jahr viele erste Male. Am Oberstehrenabend wurde Pesch wiedergewählt, Dahlmann ist wieder mit an Bord. Vor ihrem zweiten großen Auftritt an der Spitze des Regiments besuchten die Beiden die Stadt-Kurier-Redaktion, sprachen über Verantwortung, Gänsehautmomente und gute Vorbereitung.

 Zum zweiten Mal an der Spitze des Regiments: Oberst Walter Pesch (links) und Adjutant Ben Dahlmann.

Zum zweiten Mal an der Spitze des Regiments: Oberst Walter Pesch (links) und Adjutant Ben Dahlmann.

Foto: Fotoatelier Bathe

Herr Pesch, Herr Dahlmann, Sie beide haben das vergangene Schützenfest einmal aus einer ganz neuen Perspektive betrachtet. Welche Momente, sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Pesch:Eine schwierige Frage, es gab ein ganzes Füllhorn an speziellen Momenten. Eine besondere Situation war für mich das Totengedenken am Samstag. Der Markt ist schon voller Menschen, während die Namen verlesen werden, viel mehr, als man sich wünschen würde... Darunter waren auch Namen, die ich kenne, wie der eines Zugkameraden von mir, was sehr bewegend war. Und zum Schluss, als dann alle Tambourkorps auf mein Kommando hin "Freut euch des Lebens" spielten — das war ein richtiger Gänsehautmoment!
Dahlmann: Da ich alles an Walters Seite erlebe, gibt es da natürlich viele Überschneidungen. Was mir allerdings noch besonders in Erinnerung geblieben ist, ist der Oberstehrenabend — das erste Mal allein über den Markt zu marschieren. Ich kenne das Schützenfest seit 1999 und immer war es nur ein "Hinterherlaufen". Auf einmal war da niemand mehr vor einem, nach dem man sich gerichtet hat, das war etwas völlig anderes. Im vergangenen Jahr war ich zu diesem Zeitpunkt unglaublich nervös, das hat sich zum Glück gebessert. Als die Musiker schließlich vom Rathaus her auf uns zukamen, Hunderte Musiker und die Musik immer lauter wurde, war das bedrohlich und sympathisch zugleich (lacht).

Denken Sie viel darüber nach, was schief laufen könnte?
Dahlmann:
Im Vorfeld auf jeden Fall, auch in diesem Moment, wenn ich an Sonntag denke. Wenn ich dann aber erst einmal auf dem Pferd sitze, sind diese Sorgen allerdings komplett verschwunden.
Pesch: Eigentlich denke ich das ganze Jahr über während der Vorbereitung darüber nach. Ich denke an das Sicherheitskonzept, an mögliche Gefahren und Sicherheiten für Schützen und Besucher. Jetzt, wo das Schützenfest näher rückt, denke ich auch vermehrt daran, was bei uns selbst schief gehen könnte. Letzten Endes ist das Fest ja ein Historienschauspiel. Als mein Vorvorvorgänger Hans Schiefer zum Beispiel damals rief "Majestät, dörve mer dann kohme?" war das legendär! Die letzte Viertelstunde vor der Parade haben Ben und ich im Zeughaus verbracht und sind dort noch mal alles durchgegangen. Als es dann losging, waren wir so voller Glück, Freude und Adrenalin, dass alle Sorgen vergessen waren.

Gab es denn einen Moment, in dem nicht alles nach Plan lief?
Pesch:
Allerdings, aber im positiven Sinn. Während der Parade hat Bens Pferd eine Levade gezeigt, das heißt, es ist gestiegen. Dieser Moment hat gezeigt, dass er ein exzellenter Reiter ist! Ich glaube, die Fernsehkameras sind genau in diesem Moment weggeschwenkt. Später haben uns alle gefragt, ob das Absicht war (lacht).
Dahlmann: Ich kann sagen: Nein, das war nicht geplant. Ich habe in dem Moment natürlich gemerkt, dass das Pferd etwas nach oben steigt, aber dass die Vorderbeine tatsächlich beide komplett vom Boden abgehoben sind, habe ich erst auf dem Foto des Fotoateliers Bathe gesehen. Und irgendwie ist es jetzt mein Lieblingsfoto.

 „Das war nicht geplant“: Bei der Parade 2016 stieg das Pferd des Adjutanten.

„Das war nicht geplant“: Bei der Parade 2016 stieg das Pferd des Adjutanten.

Foto: Fotoatelier Bathe

Wie bereiten sich Oberst und Adjutant auf die Festtage vor?
Pesch:
Selbstverständlich gehen wir alles gedanklich durch — wer steht wo, wie sind die Abläufe und auch die Kommandos müssen sitzen.
Dahlmann: Da konnte es schon mal vorkommen, dass verschreckte Anwohner die Fenster schließen mussten (lacht). Bei einem Ausritt in Grevenbroich-Neukirchen haben wir die Kommandos geprobt — so laut, wie sie auch an Schützenfest sein müssen. Das war den Anwohnern wohl etwas zu laut...

Apropos Ausritt: Das Thema Pferde im Schützenwesen kommt jedes Jahr wieder auf, besonders auch in Bezug auf die Sicherheit. Wie stehen Sie dazu?
Pesch:
Sicherheit steht an oberster Stelle. Ich stehe in Kontakt mit dem Kreisveterinäramt. Wir achten besonders auf den Schutz der Tiere, ob sie fit genug sind und die nötige Gelassenheit für einen Umzug haben und natürlich haben wir auch ein Auge auf die Eignung der Reiter. Dafür stehen wir und dafür setzen wir uns ein. So bekommen die Tiere bei der Parade auch alle 20 Minuten etwas zu trinken. Wichtig ist, dass auch die Besucher sich sicher verhalten. Eine Bitte von mir wäre: Wechselt bitte nicht gleich hinter den Pferden die Straßenseite! Für mich sind Pferde ein fester Bestandteil des Brauchtums und nicht wegdenkbar. Heutzutage tun wir für ihren Schutz auch wesentlich mehr, als die meisten unserer Vorgänger in den letzten 200 Jahren. Eine kleine Anekdote: Damals wurden die Pferdeäpfel gern von den Besuchern aufgehoben und als Dünger für den heimischen Garten verwendet. Heute haben wir jemanden, der die Hinterlassenschaften der Tiere aufkehrt.

Ihre Vorgänger haben das Schützenfest auf verschiedene Arten geprägt. Dr. Heiner Sandmann hat beispielsweise die Korps zusammengeführt. Was sind Ihre Ziele?
Pesch:
Unser größtes Ziel ist, die Tradition in die Moderne zu führen. Es ist faszinierend, dass ein Fest mit so strengem Gefüge die Jugend so anzieht. Wenn man sich mal im Schützenmuseum die Aufzeichnung der historischen Schützenfeste ansieht, stellt man fest: Die Abläufe heute sind immer noch fast identisch. Unsere Aufgabe ist es, Traditionen zu erhalten und das Fest dennoch modern zu gestalten. Dr. Sandmann hatte sich nicht vor seiner Amtszeit gesagt "Jetzt führe ich die Korps zusammen". Das gute Miteinander aller ist bedeutend. Oberst und Adjutant haben eine wichtige Scharnierfunktion zwischen Komitee und Korps.

 Beim Besuch in der Stadt-Kurier-Redaktion konnten Oberst Walter Pesch und Adjutant Ben Dahlmann bereits einen ersten Blick auf die Schützenfestausgabe werfen. „Ich schätze die Festausgabe Jahr für Jahr sehr!“, so Pesch.

Beim Besuch in der Stadt-Kurier-Redaktion konnten Oberst Walter Pesch und Adjutant Ben Dahlmann bereits einen ersten Blick auf die Schützenfestausgabe werfen. „Ich schätze die Festausgabe Jahr für Jahr sehr!“, so Pesch.

Foto: Violetta Buciak

Sie erwähnen die "Moderne" — im Schützenwesen eine ziemliche Gratwanderung.
Pesch:
Man könnte vielleicht sagen, wir wollen in der Tradition modern sein. Es gilt, Traditionen zu bewahren und dennoch alles auf den Prüfstand zu stellen und zu ändern, was so nicht mehr funktioniert — Zugwege beispielsweise. Doch kleine Änderungen gab es in der fast 200-jährigen Vereinsgeschichte immer.
Dahlmann: Auch in unseren Abläufen haben wir kleine Veränderungen vorgenommen und auf diese Weise schon zahlreiche Züge kennengelernt, mit denen wir sonst nie in Kontakt gekommen wären.

Hören Sie im Regiment genau hin und achten auf die Gefühlslage der Schützen?
Pesch: Selbstverständlich. Das ist uns sehr wichtig! Manchmal wird gemeckert, auch an Sachen, für die wir nichts können. "Es ist zu heiß" (lacht).
Dahlmann: Zum Glück haben wir in diesem Jahr schon für angenehme Temperaturen und leichte Bewölkung gesorgt (zwinkert).

Sie sind ja beide nicht nur im Schützenwesen, sondern auch beruflich und in anderen Ämtern stark eingebunden. Wie bekommen Sie alles unter einen Hut?
Pesch: Mit Freude! Stress ist, was man als Stress empfindet.
Dahlmann: Die meisten Schützenfestveranstaltungen haben wir bereits vorher besucht — unsere offiziellen Terminkalender sind nur eine Art Erinnerungsfunktion...

Vielen Dank für das Gespräch!

(Kurier-Verlag)
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