Nach NRW-Erlass: Droht jetzt auch in Neusser Kitas Übernachtungsverbot?

Neuss · Droht den beliebten Kita-Übernachtungspartys das Aus? Eine bisher unentdeckte Bürokratiehürde sorgt auch in Neuss für Ungewissheit unter den Erziehern und Eltern.

 Übernachtungen in Kitas stehen plötzlich zur Diskussion. Grund dafür ist eine Anfrage aus Wuppertal.

Übernachtungen in Kitas stehen plötzlich zur Diskussion. Grund dafür ist eine Anfrage aus Wuppertal.

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Viele Kids fiebern jahrelang darauf hin: Die Übernachtung in der Kita am Ende der Kindergartenzeit bevor die angehenden i-Dötzchen in die Schule entlassen werden. Doch mit dem kleinen Abenteuer könnte bald Schluss sein: Denn laut einem Erlass vom zuständigen NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung sind solche Veranstaltungen baurechtlich in den meisten Fällen nicht durchführbar.

Dabei ist diese Tradition seit Jahrzehnten in vielen Kitas fest im Programm. Eine Anfrage aus Wuppertal ist der Auslöser für die Diskussionen. Denn die örtliche Bauaufsichtsbehörde hatte sich beim Ministerium erkundigt, ob das Übernachten in Kindergärten genehmigungspflichtig sei. Die Antwort kam prompt: Selbstverständlich handele es sich bei solchen Übernachtungen um eine "genehmigungspflichtige Nutzungsänderung". Demnach müsse jede Kita prüfen, ob eine solche Genehmigung vorliegt und ansonsten eine Nutzungsänderung bei der Unteren Bauaufsicht der Kommune beantragen. Ansonsten müssten neue Brandschutzkonzepte erstellt und dazugehörige bauliche Maßnahmen vorgenommen oder angepasst werden. Da dies für einmalige Veranstaltungen viel zu aufwändig wäre, überdenken viele Kitas die Übernachtungs-Aktionen. Für SPD-Fraktionschef Arno Jansen ein Unding: "Das ist besonders absurd, weil in vielen Kitas selbstverständlich auch tagsüber Kinder schlafen wie beim Mittagschlaf im U3-Bereich. Was tagsüber geht, soll nachts ein Problem darstellen?" Jansen fragt sich: "Hat die Ministerin nichts Wichtigeres zu tun, als weiter die Bürokratie aufzublähen?"

Auf Anfrage des Stadt-Kurier beschwichtigt Landtagsabgeordneter Dr. Jörg Geerlings: "Die Opposition im Landtag macht viel Lärm um nichts. Übernachtungen im Kindergarten sind nach wie vor möglich, und zwar ohne viel Bürokratie. Die Ministerin hat lediglich darauf hingewiesen, dass eine Genehmigung der Kommunen erforderlich ist und dass ein Mindestmaß an Sicherheit gewährleistet sein muss, vor allem im Falle eines Brandes. Das ist nichts Neues und sollte für alle Verantwortlichen eine Selbstverständlichkeit sein."

Bleibt noch die Frage offen, wer im Fall der Fälle für einen möglichen Schaden aufkommt. Was passiert, wenn einem Kind bei einer Übernachtungsparty etwas zustößt? Erste Kommunen haben aufgrund der Debatte Konsequenzen gezogen. Im Kreis Viersen gilt ab sofort ein Übernachtungsverbot. Und wie steht es um Neuss? Tobias Spange vom städtischen Presseamt klärt auf: "Es ist uns bewusst, dass solche Übernachtungsveranstaltungen Gang und Gäbe sind. Deshalb wird sich die Stadt Neuss da auch nicht quer stellen. Wenn sich Kitas absichern wollen, können sie sich an das Bauamt wenden. Dort werden dann pragmatische Lösungen, zum Beispiel eine Einzelgenehmigung, bereitgestellt." Auch bei der Neusser Diakonie ist man zuversichtlich: "Wir haben die Informationen zu dem Thema natürlich bekommen und werden mit der Kommune sprechen. In unseren Kitas werden alle Sicherheitskonzepte erfüllt und die gelten bei Tag und Nacht. Jetzt klären wir mit der Stadt, wie die Übernachtungsveranstaltungen weiter durchgeführt werden können. Da sind wir sicherlich nicht der einzige Träger, dem es so geht. Aber ich denke, dass wir das gut geregelt bekommen", sagt Geschäftsführer Stephan Butt auf Stadt-Kurier-Anfrage.

(Kurier-Verlag)
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