Bürgermeisterkandidaten im Gespräch: Michael Klinkicht (Grüne) „Keine Windmühlen-Partei!“

Neuss · In Neuss pflegen die Grünen eine eher ungewöhnliche Mehrheitskoalition mit der CDU. Doch diese Pflege geht nicht so weit, dass man sich auf einen Bürgermeisterkandidaten einigen wollte. Die Grünen schicken mit Michael Klinkicht ein politisches Urgestein ins Rennen. Und er will gleich veraltete Vorurteile vom Ökorasen fegen: „Wir sind keine ,Windmühlen-Partei’, wir setzen uns auch intensiv für nachhaltige Wirtschaft ein, engagieren uns pro Wirtschaft.“

 Michael Klinkicht ist ein „alter Polithase“, war bereits 2009 Bürgermeisterkandidat der Grünen. Jetzt versucht er erneut, den Posten des Rathauschefs zu ergattern.

Michael Klinkicht ist ein „alter Polithase“, war bereits 2009 Bürgermeisterkandidat der Grünen. Jetzt versucht er erneut, den Posten des Rathauschefs zu ergattern.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Rolf Retzlaff

„Wir waren damals die erste Partei, die den Hafen positiv positioniert hat“, erinnert sich Klinkicht an seine ersten politischen Gehversuche anno 1997 im zigarrenverqualmten Saal des Hafen-Ausschusses. „Der Hafen ist das Herzstück der Neusser Wirtschaft und muss erhalten bleiben“, erklärt Klinkicht.

Schon allein die Koalition mit der CDU gibt den Grünen eine wirtschaftsfreundliche Anmutung, aber es gibt durchaus Stimmen, die eine Zusammenarbeit mit den Christdemokraten kritisch sehen. Haben sich die Grünen an die CDU verkauft? „Man könnte auch sagen, dass sich die CDU an die Grünen verkauft hat“, beweist Klinkicht als „Prologius“ des „Nüsser Ovends“ Humorqualitäten. Aber mal im Ernst: „Als Koalition machen wir praxisnahe Politik. Natürlich können wir alle unsere Forderungen nicht eins zu eins umsetzen, aber wir haben in den vergangenen fünf Jahren viel erreicht. Natürlich mussten auch auf beiden Seiten bittere Pillen geschluckt werden“, weiß der Fraktionsvorsitzende. Als Beispiele nennt er das Glyphosat-Verbot („Da hatten einige CDU’ler die Faust in der Tasche geballt“), die Schaffung des Raums der Kulturen („Erst hatte die CDU Vorbehalte, bis sie merkte, wie gut dort verschiedene Nationen zusammenarbeiten“) und der Verbraucherzentrale („Die wollte die CDU anfangs nicht, ihr reichte der Hausfrauenbund“).

Auch bei der Diskussion um die Aufstellung des Flächennutzungsplans habe man hart um jede Fläche gerungen. Die CDU habe die Flächen vornehmlich für die Wirtschaft und große Grundstücke für betuchte Familien vorhalten wollen. „Das geht nicht“, weiß Klinkicht, „wir brauchen – wie sich gerade besonders in Zeiten von Corona zeigt – Freiflächen zur Naherholung. Auch müssen Äcker erhalten bleiben, schließlich boomt die Nachfrage nach regionalen Produkten“. Eine weitere Forderung der Grünen: „Frischluftschneisen müssen erhalten bleiben. Das gilt es zum Beispiel bei der Planung für eine Bebauung des Wendersplatzes zu berücksichtigen. Hier muss eine Riegelbebauung vermieden werden.“ Klinkicht macht deutlich: „Wir wollen für mehr Grün sorgen; das ist einer der zentralen Punkte, den wir das ganze Jahr über verfolgen.“ So werde zum Beispiel auf der Morgensternsheide kein Gewerbegebiet entstehen, in Derikum soll der Acker erhalten bleiben.

Sauberkeit ist eins der Themen, die Klinkichts Kontrahenten oftmals in den Mittelpunkt des Wahlkampfs stellen. „Die AWL tut, was sie kann. Müllvermeidung ist auch das Problem eines jeden Bürgers – hier stimmt die Grundeinstellung bei vielen nicht“, appelliert der Grüne für mehr Selbstverantwortung.

Und warum sollen die Bürger Klinkicht wählen – und nicht einen der Mitbewerber? „Ich kann nicht alles besser machen als andere, aber ich verstehe das politische Geschehen in Neuss sehr gut. Mit Sachverstand will ich die Aufenthalts- und Lebensqualität mit Arbeitsplätzen und Wohnen in unserer Stadt entwickeln.“ Dabei habe er einen anderen Blickwinkel als andere Bürgermeisterkandidaten: „Während die einen nur die Wirtschaft im Blick haben, sehen die anderen einseitig die sozialen Aspekte. Dabei verlieren sie aus dem Blick, dass man in einer pluralistischen Gesellschaft Migranten ebenso mitnehmen muss wie Besserverdienende.“

Wenn es dann am 13. September nicht zum Bürgermeister reichen sollte, will Klinkicht weiter Ratsarbeit leisten und natürlich weiter seine humorvoll-politischen Pfeile abschießen: „Dann werde ich den Bürgermeister auf die Fehler hinweisen, die ich auf seiner Position nicht gemacht hätte!“

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