„Schmetterlinge“ suchen Ehrenamtler: wenn Kinder schwer krank werden

Neuss · „Die Welt braucht Helden so wie dich!“, sagt ein 17-Jähriger, der im vergangenen Jahr eine Knochenmarktransplantation über sich ergehen lassen musste. Der rührende Dankesbeweis gilt einer Ehrenamtlerin der Initiative Schmetterling, die den Jungen in seiner schweren Zeit unterstützt hat.

 Einfach mal mit dem kranken Kind Zeit verbringen: Die Ehrenamtler der Initiative Schmetterling bringen Normalität in die betroffenen Familien.

Einfach mal mit dem kranken Kind Zeit verbringen: Die Ehrenamtler der Initiative Schmetterling bringen Normalität in die betroffenen Familien.

Foto: Foto: Initiative Schmetterlng

Der Verein begleitet seit 13 Jahren Familien, in denen ein Kind schwer erkrankt oder schwer behindert ist. Jetzt werden weitere Menschen gesucht, die sich bei dem Verein mit Sitz an der Jülicher Landstraße in Neuss ehrenamtlich engagieren möchten. Die Schulung beginnt am 7. Februar.

Hildegard Gellrich gehört seit sechs Jahren zu den „Schmetterlingen“. Vier Jahre lang begleitete sie eine Familie, in der ein Kind an Krebs erkrankt ist. Der Zwölfjährige ist jetzt geheilt, ist aber an den Rollstuhl gefesselt und hat mit den Spätfolgen zu kämpfen. In der ersten Phase hat sich Hildegard Gellrich um die Geschwisterkinder gekümmert, wenn die Mutter ihren Sohn im Krankenhaus besuchte, später verbrachte sie auch Zeit mit dem kranken Kind. Shoppen, basteln, spazierengehen, vorlesen – die Liste der gemeinsamen Aktivitäten ist lang. „Es sind die normalen Dinge, die Eltern in Krisensituationen oft nicht leisten können“, weiß Birgit Ritter, Geschäftsführerin der Initiative Schmetterling, „die schwere Erkrankung eines Kindes bringt die Familie immer in eine absolute Ausnahmesituation“. Von einem Tag auf den anderen ändert sich das Leben in der Familie. Berufliche Dinge müssen geregelt werden, gegebenenfalls muss die Mutter ihre Arbeit aufgeben, die Betreuung der Geschwister muss organisiert werden. In der Klinik bricht der Klinikalltag über alle herein. Eltern fühlen sich hilf- und machtlos und versuchen dabei, dem kranken Kind und den Geschwistern gegenüber Sicherheit und Zuversicht auszustrahlen. Fast alles konzentriert sich auf das erkrankte Kind, die Mutter wird oft für Wochen und Monate zusammen mit ihm stationär aufgenommen.

„Die Schmetterlinge bringen Normalität in die Familie“, sagt Birgit Ritter, „Oma, Freundin und Co. sind meist ebenfalls stark belastet – und das spürt das Kind.“

„Ich habe keine Anforderungen an das Kind, schenke ihm meine Zeit“, so Hildegard Gellrich. Das gilt nicht nur für die erkrankten Kinder, sondern auch für deren Geschwister. „Wenn versäumt wird, ihnen die Geschehnisse altersgerecht zu erklären, kann die Krankheit des Geschwisters für sie oft zu düsteren Fantasien werden. Die Geschwister spüren intuitiv die große Sorge der Eltern, nehmen sich deshalb selbst zurück, wirken besonders lieb, umgänglich und angepasst“, sagt Birgit Ritter. Hier kommen die ehrenamtlichen „Schmetterlinge“ zum Einsatz. Den Kindern gehört die ungeteilte Aufmerksamkeit. Ehrenamtler werden zu Vertrauenspersonen, Ängste und Sorgen werden oft mit ihnen geteilt.

Die Ehrenamtler werden für ihre Aufgaben intensiv geschult. An die theoretische Schulung schließt ein Praktikum in der Uniklinik an. Auch erhalten die Ehrenamtler regelmäßig Fort- und Weiterbildungskurse sowie Supervisionen. „Hier wird niemand allein gelassen“, hat Hildegard Gellrich erfahren. Sie fühlt sich als Teil der „Schmetterling“-Familie.

Die Initiative Schmetterling betreut nicht nur Familien, die Ehrenamtler gehen auch in das Viersener Kinderhaus, einer Pflegeeinrichtung für schwerstbehinderte Kinder, und in die Kinderstation der Therapieklinik Meerbusch.

Wo man zum Einsatz kommt, wird eng mit dem Ehrenamtler abgesprochen. „Wenn man merkt, dass die Chemie nicht stimmt, kann man natürlich auch absagen“, so Gellrich. Sie hat allerdings meist positive Erfahrungen gesammelt. „Mein Ehrenamt ist eine erfüllende Tätigkeit, man bekommt von den Kindern, der Familie und dem Verein so viel zurück! Ich kann den Kindern nicht ihre Krankheit und den Eltern nicht die Belastung nehmen.

Aber ich kann ihnen Zeit schenken, ein offenes Ohr haben, kann jemand sein, der nichts erwartet, der nichts verlangt, der keinen Schmerz bereitet, der vielleicht einfach nur da ist. Wenn ich dann ein glucksendes Lachen höre, ein verschmitztes Grinsen sehe, einen warmen Händedruck bekomme, dann fühlt sich das alles richtig an und ich weiß, warum ich mich für dieses Ehrenamt entschieden habe.“

Die nächste Schulung für Ehrenamtler beginnt am 7. Februar in Neuss. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.schmetterling-neuss.de und unter Tel. oder 0700–3510 3510 (Anrufbeantworter).

(Kurier-Verlag)
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