Alle Bürger sind zur Podiumsdiskussion am 5. Oktober im Drusus One eingeladen Wie Neusser Gastronomen den „Pleite-Geier“ vertreiben wollen

Neuss · Gastronomie und Beherbergung zählen zu den am stärksten von der Corona-Krise betroffenen Branchen, ihre Umsätze sind weiterhin wesentlich niedriger als vor Corona. Tatsachen, die das Statistische Bundesamt jetzt veröffentlichte. Tatsachen, die so gar nicht zum Vorhaben der Bundesregierung passen, die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie zum 1. Januar 2024 wieder von sieben auf 19 Prozent zu erhöhen. Der Verein „Neuss vereint“, ein Zusammenschluss Neusser Gastronomen, will dies nicht tatenlos hinnehmen. Mit einer Podiumsdiskussion am kommenden Donnerstag, 5. Oktober, 19 Uhr (Einlass ab 18.30 Uhr), im Drusus One (neben Drusushof, Ecke Erftstraße/Drususallee) unter dem Motto: „Wir sagen !!!NEIN!!! zu 19 % Mehrwertsteuer“ will er deutlich machen, was dies für die Unternehmer und auch die Gastrobesucher bedeuten würde.

Sie setzen sich gegen die Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwersteuer ein und laden zur Podiumsdiskussion ein (v.l.): Alexander Bliersbach (Drusushof), Thomas Strunk (Haus Obererft),  Maya Winterhoff (Hermkes Bur) und Michael Bott (Vorsitzender „Neuss vereint“).

Sie setzen sich gegen die Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwersteuer ein und laden zur Podiumsdiskussion ein (v.l.): Alexander Bliersbach (Drusushof), Thomas Strunk (Haus Obererft),  Maya Winterhoff (Hermkes Bur) und Michael Bott (Vorsitzender „Neuss vereint“).

Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

„Neuss vereint“ hat einen starken Unterstützer an seiner Seite: Der Neusser Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe erinnert daran, dass Bundeskanzler Scholz versprochen habe, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Speisen beizubehalten. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte einen entsprechenden Antrag gestellt, doch die Ampel-Fraktionen lehnten vor einigen Tagen eine Gesetzesänderung mehrheitlich ab. Sehr zum Ärger von Hermann Gröhe: „Die Gastronomen brauchen dringend Planungssicherheit. Wochenlang hat die Ampel im parlamentarischen Verfahren auf Zeit gespielt. Die Ampel lässt unsere Gastronomie im Stich!“ Nur eine einzige Stimme aus Reihen der FDP fand sich für die dauerhafte Beibehaltung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes. „Wir brauchen unsere Gastronomie aber – für ein gutes Miteinander und als wichtiger Wirtschaftsfaktor“, betont Gröhe.

Auch in der Lokalpolitik findet „Neuss vereint“ mit seiner Forderung breite Unterstützung: Der Rat der Stadt Neuss hatte sich mit großer Mehrheit für einen dauerhaft ermäßigten Mehrwertsteuersatz ausgesprochen.

Michael Bott (l.), Vorsitzender von „Neuss vereint“, im Gespräch mit NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.

Michael Bott (l.), Vorsitzender von „Neuss vereint“, im Gespräch mit NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.

Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

Gröhe verwies auch auf die jüngst bekannt gewordenen bundesweiten Umsatzrückgänge in der Gastronomie, es brauche daher „jetzt eine Entscheidung und keine Hängepartie bis zum Jahresende! Nun zu behaupten, weitere Prüfungen seien erforderlich, ist ein Schlag ins Gesicht unserer Gastronomie!“

 „Neuss vereint“ hatte auch die Gelegenheit wahrgenommen, mit Mona Neubaur (Grüne) über die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu diskutieren. Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen war auf Einladung der IHK in die Neusser Innenstadt gekommen, um für das „Heimat shoppen“ zu werben. Michael Bott, Vorsitzender von „Neuss vereint“, bezeichnete die Anhebung der Mehrwertsteuer als „großes Schreckgespenst, die Gastronomen haben große Angst, was dann passieren könnte“. Weitere Betriebsschließungen seien dann kaum zu vermeiden.

„Mit unserer Podiumsdiskussion wollen wir für Aufklärung sorgen und darüber debattieren, ob die 7 Prozent Mehrwertsteuer nicht beibehalten werden können und welche Auswirkungen dies haben könnte“, sagt Alexander Bliersbach (Drusushof) von „Neuss vereint“. Und Bott führt weiter aus: „Wir wollen unseren Gästen deutlich machen, worum es geht und so um mehr Verständnis für die Gastronomie werben.“ Thomas Strunk (Haus Obererft) fragt: „Weshalb werden für Außer-Haus-Speisen 7 Prozent Mehrwertsteuer angesetzt und für Speisen im Lokal 19 Prozent?“ Auch Maya Winterhoff (Hermkes Bur) hält dies für ungerecht. Sie macht deutlich, dass eine geringere Zahl an Gästen auch Gastronomie-Zulieferer wie Bäcker, Metzger und Getränkehandel treffen würde. Auch räumt die Gastronomin mit Missverständnissen auf: „Wir wollen keine weiteren Hilfen.“

Diese und weitere Positionen werden auf der Podiumsdiskussion am kommenden Donnerstag vertreten. Bernd Landmesser, stellvertretender Vorsitzender von „Neuss vereint“, wird aufzeigen, wie die Gastronomie vor, während und nach der Pandemie aufgestellt war; auch wirft er einen Blick auf das mögliche 2024er-Szenario. Anschließend stellen sich der Diskussion:

– Reinhard Houben (wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion): „Die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie ist befristet bis zum Jahresende. Ein ersatzloses Auslaufen hätte das Risiko zur Folge, dass Teile der gastronomischen Branche angesichts der hohen Energie- und Lebensmittelpreise erneut ins Schlingern geraten könnten. Viele Betriebe drohen zu schließen. Deshalb setze ich mich dafür ein, nach der nächsten Steuerschätzung im November die sich dann ergebenden Spielräume zu nutzen, um die Regelung weiter zu verlängern.“

 – der Landtagsabgeordnete Marc Zimmermann (Bündnis 90/Die Grünen, Sprecher für Handwerk und Mittelstand)

– Jutta Stüsgen (CDU, Steuerberaterin und Mitglied des Kreistags): „Die Gastronomie braucht jetzt (!) die Entscheidung für den Umsatzsteuersatz von 7 Prozent, da ansonsten die Preise für das Essen in Gaststätten, Restaurant, aber auch in Schulkantinen und Kindergärten am 1. Januar 2024 um mehr als 10 Prozent erhöht werden müssten.“

– Bernd Herten (Metzgermeister und Regimentsoberst)

– Roland Sperling (Die Linke, Mitglied im Neusser Stadtrat): „Die Gastronomen fordern seit 2018 dieses Steuergeschenk, also lange vor Corona und Energiepreisschock. Und genauso wie beim Rauchverbot malen sie erneut den Untergang der Gastronomie an die Wand.“

Die Moderation übernimmt NGZ-Chefreporter Ludger Baten. Der Eintritt ist frei, alle Bürger sind zur Diskussion eingeladen.

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