Oberpfarrer Andreas Süß „Dieses neue Leben in uns wird aufbre­chen wie die Blüten draußen, aber ohne zu verblühen“

Neuss · Andreas Süß, Oberpfarrer St. Quirinus und Pfarrer an den Pfarreien in den Seelsorgebereichen Neuss-Mitte, Neusser Süden und Neuss – Rund um die Erftmündung, schickt einen ganz besonderen Ostergruß an die Leser unserer Zeitung:

 Oberpfarrer Andreas Süß.

Oberpfarrer Andreas Süß.

Foto: Beatrice Tomasetti

Das Osterfest fällt in eine Jahreszeit, in der sich die Natur aus der Winterstarre löst und in verschwenderischer Fülle neues Leben freisetzt in ein Meer von Knospen, Blüten und jungem Grün. Es scheint, als würde die Natur in anschauli­cher Weise zum Abbild dessen, was wir an diesem höchsten christlichen Festtag miteinander feiern: nämlich den Sieg des Lebens über den Tod.

Und doch: gerade das ist nicht der Inhalt unserer christlichen Osterfeier. Es wäre ein Missverständnis, Ostern als ein Frühlingsfest im genannten Sinne zu deuten. Einmal abgesehen da­von, dass die Christen auf der südlichen Erdhalbkugel in diesen Wochen gerade keiner frühlingshaft aufblühenden, sondern einer eher herbstlich verfallenden Natur begegnen – Ostern will eine Antwort geben gerade auf jene Fragen, die von der naturreligiösen Feier der Wiederkehr des Lebens im ewi­gen Rhythmus von Sterben und Werden eben nicht beantwortet werden.

Die Auferstehung Jesu hat nichts zu tun mit dem frühlingshaften Erwachen, das nach Sommer und Herbst doch wieder in die Starre des Winters zurückfällt. Sie ist keine Rückkehr in diese Welt des steten Sterben und Werden, sondern sie eröffnet einen völlig neuen Lebensraum, der keinen Tod und keine ständige Wiederkehr mehr kennt. Jesus ist ein für allemal gestorben und ist ein für allemal auferweckt. Hier bricht etwas völlig Neues in diese Welt ein; von hier her stellt sich die Frage nach Tod und Leben in einem ganz neuen Licht.

Das Osterereignis macht nämlich sichtbar, was der Begriff „Leben“ für uns Menschen eigentlich meint: „Leben“ erschöpft sich nicht in purer Biologie, meint im Wesentlichen nicht das Funktionie­ren in einem naturhaften Entwicklungsprozess. Für uns Menschen heißt „Leben“: in der Beziehung zu Gott zu stehen, dazusein als ein von Gott gewolltes und geliebtes Du, Jünger/in Jesu zu sein. Nur der Mensch, der sich getragen und durchflutet weiß von der Liebe Gottes und der sich darauf verlässt und darauf einlässt – nur dieser Mensch „lebt“ im eigentlichen Sinne. Und er lebt ein Leben, das durch den unausweichli­chen biologischen Tod nicht bedroht werden kann, sondern nur noch durch den Tod der verweiger­ten Liebe und der Gott gegenüber aufgekündigten Treue.

Dieses wirkliche – oder sagen wir „österliche“ – Leben in der Liebe Gottes ist nie das Ergebnis unse­rer menschlichen Anstrengungen, sondern es ist ein unverdientes und unverdienbares Geschenk, das uns seit dem Tag unserer Taufe von Gott angeboten und hingehalten wird. Ergreifen wir doch dieses Geschenk neu an diesem Osterfest! Daher werden Erwachsene in der Osternacht, in der Christus den Tod überwindet häufig getauft. Geben wir dem Auferstandenen einen Platz in unserem Her­zen und nicht irgendwo am Rand unseres Lebens. Dann wird dieses neue Leben in uns aufbre­chen wie die Blüten draußen, aber ohne zu verblühen. Werden wir selbst zu Auferstehungszeugen, denn Gnade empfangen wir nie nur für uns selbst.

Laden wir unsere Familienangehörigen, Nachbarn und Freunde ein, die Kar- und Ostertage mit uns zu feiern, so dass wir wirklich eine Erfahrung der Auferstehungsfülle in unseren Gottesdiensten erleben!

Ich wünsche Ihnen im Namen aller haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen eine gute Vorbereitung auf das Osterfest und die Erfahrung der Nähe des Auferstandenen, der uns eine ewige Wohnung in seiner Liebe mit allen, die uns vorausgegangen sind, bereiten will!

Ihr Pastor Andreas Süß

(Rolf Retzlaff)
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