Neusser Schützenkönig seit über 1000 Tagen im Amt S.M. Kurt I.: „Geste für Ukraine im offiziellen Programm vorstellbar“

Neuss · 1.000 Tage ist S.M. Kurt I. (Koenemann) am Sonntag seit seinem Königsschuss am Schlusstag des Neusser Bürger-Schützenfestes 2019 im Amt. Aufgrund der Absagen des Neusser Heimatfestes in den beiden vergangenen Jahren durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie geht die Regentschaft des Ehrenadjutanten der Neusser Schützenlust als die längste der Nachkriegsgeschichte in die Bücher des Neusser Bürger-Schützen-Vereins ein.

 1.000 Tage ist es nun schon her, dass Kurt Koenemann jubelnd über den Festplatz getragen wurde.

1.000 Tage ist es nun schon her, dass Kurt Koenemann jubelnd über den Festplatz getragen wurde.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Daniela Furth

Im Interview aus Anlass seines höchst außergewöhnlichen Jubiläums spricht Kurt Koenemann über seinen Blick auf seinen Langzeit-Rekord, Schützenfeste in Kriegszeiten, Respekt für Hilfsdienste sowie gute und weniger gute Ideen für seinen Königsorden und das traditionelle Königsgeschenk.

Ihre Majestät, 1000 Tage sind nach dem Krieg eine einmalig lange Zeit als Neusser Bürgerschützenkönig. Welche Gedanken gehen Ihnen, Majestät, bei dieser Zahl durch den Kopf?

Zunächst einmal – darauf hatte ich nicht geachtet, ich bin erst von außen darauf hingewiesen worden. Im Ernst aber hoffe ich, dass es bald vorbei ist, denn wir freuen uns ja alle auf unser geliebtes Neusser Bürger-Schützenfest, damit wir endlich wieder feiern können. Es geht ja auch allmählich wieder los, und es ist auch dringend erforderlich, denn ich glaube, dass der Zusammenhalt leider doch etwas auseinandergebrochen ist, weil nicht alle Züge etwas gemacht haben oder machen konnten. Deswegen wird es auch wieder Zeit, dass die Züge wieder zusammenkommen und sich treffen, um die Gemeinsamkeit zu leben. Ich denke, das ist ganz wichtig.

Wie überzeugt sind Sie, dass Ihre Regentschaft trotz der Aufhebungen der strengsten und meisten Corona-Beschränkungen nicht doch noch unerwartet um ein weiteres Jahr verlängert werden könnte?

Es gibt ja zwei Szenarien, die uns Neussern noch einen Strich durch die Rechnung machen können: da ist einmal der Krieg in der Ukraine, von dem man nicht sagen kann, wie sich die Situation entwickelt, und da ist natürlich auch noch Corona, wo die Delta-Variante in diesen Tagen wieder stärker wird. Aber wir gehen ja auf der anderen Seite in die Sommermonate, die in den vergangenen beiden Jahren immer die ruhigen Monate gewesen sind. Deswegen hoffe ich, dass es uns erspart bleibt, das Schützenfest nochmals ausfallen lassen zu müssen.

Sie haben den Krieg in der Ukraine angesprochen. Warum soll das Schützenfest aus Ihrer Sicht dennoch stattfinden?

Es hat in der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg immer Kriege auf der Welt gegeben, auch den Balkankrieg, der genauso nah war wie der Krieg jetzt in der Ukraine. Damals hat niemand einen Gedanken auf den Ausfall des Schützenfestes verwendet. Natürlich ist es eine schwierige Lage, aber wir können unser Schützenfest feiern, auch weil es nicht zuletzt durch die Blümchen in den Holzgewehren eine Persiflage auf Kriege ist. Auch die Böllerschüsse zur Eröffnung des Schützenfestes stellen ja nur einen Salut zur Begrüßung dar.

Haben Sie in Ihrer herausgestellten Rolle als Schützenkönig hinsichtlich des Krieges Ideen für besondere Gesten und symbolträchtige Handlungen?

Im April haben der Hohe Reitersieger Volker Schmidtke und ich bei den Aleviten zum musikalischen Frühschoppen eingeladen gehabt, und dabei hat der Musikverein Holzheim zur Eröffnung als Zeichen der Solidarität die ukrainische Nationalhymne gespielt. Ich finde vorstellbar, dass man solch eine Geste für die Ukraine und ihre Menschen auch in das offizielle Schützenfestprogramm einbauen kann. Außerdem denke ich, dass neben dem Komitee auch unsere Neusser Schützen so kreativ sind, sich auch dafür etwas einfallen zu lassen, besonders ja auch in den hörnertragenden Korps.

Was hat die bisherigen 1.000 Tage als Schützenkönig über den historischen Fakt hinaus für Sie persönlich zu einer besonderen Zeit gemacht?

Viele sagen ja, dass es toll sei, so in die Geschichte einzugehen, aber so wollte ich nicht Geschichte schreiben, da gibt es bessere Möglichkeiten, in Erinnerung zu bleiben. Schön ist die Zeit wegen der schlimmen Umstände überwiegend auch nicht gewesen. Der Anlauf nach dieser langen Zeit, als immer klarer wurde, dass wir dieses Jahr wieder feiern können, ist auch insgesamt für alle spürbar nicht so leicht gewesen. Es ist halt in diesem Jahr alles etwas anders als in normalen Jahren.

Dieses Mal fallen viele ursprünglich im Frühjahr liegende Termine in den Frühsommer, so dass nun sehr, sehr viele Termine zusammenkommen. Das Problem dabei ist, dass ich dadurch auch meinen eigenen Anforderungen nicht mehr gerecht werden und leider nicht mehr zu allen Veranstaltungen gehen kann, obwohl ich möglichst viele Einladungen annehmen wollte.

In die Zeit Ihrer Regentschaft fielen große Krisen wie die Corona-Pandemie, die Hochwasser-Katastrophe und zuletzt auch der Krieg in der Ukraine. Immer gehörten Sie zu den prominentesten Unterstützern von Hilfsaktionen unterschiedlichster Art. Was bedeutet es Ihnen, Ihr gesellschaftliches Gewicht und Ansehen als Schützenkönig dafür einzusetzen?

Das ist mir, nicht nur wegen meines Engagements bei den Maltesern, sehr wichtig. Deswegen war es ja auch schon 2019 nach dem Königsschuss eines meiner ersten Zeichen noch auf der Festwiese, Respekt für die Hilfs- und Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr einzufordern.

Bis zum Schützenfest sind es noch rund 100 Tage. Auf welchen Termin im Schützenkalender bis dahin freuen Sie sich besonders?

Das Highlight vor dem Schützenfest wird natürlich der Königsehrenabend sein. Allerdings kann ich mir momentan immer noch nicht so richtig vorstellen, wie das mit den Schlangen bei der Ordensabholung ablaufen kann. Deswegen überlege ich auch, wie man das möglicherweise etwas entzerren kann. Vielleicht kann man die verschiedenen Majorsehrenabende oder die Fackelbaurichtfeste nutzen, um bei diesen Gelegenheiten auch einen Teil der Orden zu verteilen. Das muss aber natürlich auch mit dem Komitee abgestimmt werden.

Werden in Ihrem Königsorden Anspielungen auf die Corona-Pandemie zu entdecken sein?

Gerade nicht, ganz bewusst nicht. Mein Orden war beim Ausbruch der Pandemie schon fertig, da musste nur die Jahreszahl angepasst werden. Der wird gerade produziert.

Haben Sie in den vergangenen 1.000 Tagen durch die lange Zeit für Gedanken viele Ideen für das traditionelle Königsgeschenk verworfen?

Ich hatte mehrere Gedanken, habe auch einige verworfen und bin jetzt bei einer ganz anderen Sache als ursprünglich ins Auge gefasst. Jetzt aber denke ich, dass es genau das Richtige sein wird.

Möchten Sie einen kleinen Tipp geben?

Lasst Euch alle überraschen.

Zu guter Letzt: Sie haben Ihr Amt als Neusser Bürger-Schützenkönig – so gut es ging – besonders gelebt. Wird Ihnen diese Rolle nach dem nächsten Königsschießen am Schützenfest-Dienstag fehlen?

Jeder Schützenkönig lebt sein Königsjahr nach seinen Vorstellungen und bringt Emotionen hinein, die der jeweiligen Persönlichkeit entsprechen. Der eine ist eher introvertiert, andere sind da mehr nach außen gewandt. Ich bin ein Mensch, der ganz gut auf andere Menschen zugehen und mit ihnen ins Gespräch kommen kann, daher habe ich das auch als Schützenkönig gelebt und lebe es im Augenblick. Aber ab Schützenfest-Dienstag gibt es einen neuen König, der sein Jahr so feiern können soll und auch darf, wie er es sich wünscht. Da muss und werde ich mich sofort zurücknehmen. Es heißt nicht von ungefähr: ‚Der König ist tot, es lebe der König.‘“

Majestät, herzlichen Dank für dieses Jubiläums-Gespräch.

(-skB)
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