Interview mit Prinz Sebastian I. und Novesia Kira I. Närrische Charmeoffensive startet: Endspurt mit Kamelle und Konfetti
Neuss · So jung und frisch kann Neusser Brauchtum sein: Wo Prinz Sebastian I. Coenen (34) und seine Novesia Kira I. Tinnefeld (27) auftauchen, herrscht nach kurzer Zeit beste Stimmung. Das liegt nicht nur an ihrem durchweg sympathischen Auftreten, sondern auch an ihrem Sessionslied. Wenn „Ja für ein Jahr, Na-Na-Na, Na-Na-Na, sind wir Prinzenpaar, Na-Na-Na, Na-Na-Na“ nach der Melodie von Miljös „För 1 Naach“ erklingt, singt der ganze Saal mit. Und das, obwohl Prinz Sebastian seine Gesangskünste ausschließlich unter der Dusche „schult“. Bühnenerfahrung hat er als Hoppeditzche mitgebracht. Kira I. schwingt in der Novesia-Garde das Tanzbein, in der Session 2010/11 war sie Kinderprinzessin der „Blauen Fünkchen“.
Die beiden versprühen natürlichen Charme, gepaart mit stets bester Laune. Sie sind nicht nur auf der Bühne ein Paar, sie gehen auch privat gemeinsam durchs Leben. Kennengelernt haben sie sich – wie sollte es anders sein? – im Karneval. Beim Hoppeditzerwachen 2020 hatte es gefunkt, jetzt wohnen die beiden auf der Furth.
Bald endet ihre Session, die sie für sich persönlich unter das Motto „Vielleicht gibt es schönere Zeiten, aber diese ist die unsere“ gestellt haben. Dabei denken sie durchaus nicht nur an sich selbst: Sie sammeln Spendengelder für den Bundesverband Burnout und Depressionen sowie die Tomasz – Kinder und Jugendhospizhilfe mit Sitz in Kaarst. Und sie machen stets deutlich: Die „Farbe braun“ wird auch im Karneval nicht toleriert!
Aber jetzt gehen die Tollitäten auf die närrische Zielgerade. Wie haben sie bisher den Neusser Karneval erlebt? Der Stadt-Kurier hat nachgefragt:
Liebes Prinzenpaar, kann Neuss Karneval oder ist noch Luft nach oben?
Sebastian I.: Oooh, Neuss kann definitiv Karneval!
Kira I.: Egal, ob in Kindertagesstätten, Schulen, Altenheimen oder bei Vereinen – überall wird auf ganz besondere Weise gefeiert!
Was waren Eure persönlichen Highlights?
Sebastian I.: Da gab es mehrere: Es ging schon mit der Proklamation los. Am aufgeregtesten war ich bei „Kamelle us Kölle“, wo wir vor rund 1.400 Menschen auftreten durften. Meinen emotionalsten Moment erlebte ich beim Besuch im Johanna Etienne Krankenhaus, wo wir die Menschen auf der Station glücklich machen durften.
Kira I.: Da ist auch bei uns so manches Tränchen geflossen.
Wie viele Veranstaltungen habt ihr denn am Ende der Session absolviert?
Sebastian I.: Das dürften mehr als 170 werden. Allein in den letzten zwei Wochen hatten wir rund 70 Termine, an Altweiber allein schon 15 ...
Kira I.: ... aber nach Aschermittwoch fahren wir erst mal in Urlaub.
Aber bis dahin wird nicht nur kräftig gefeiert, Ihr sammelt auch fleißig Spenden.
Kira I.: Genau! Wir haben zwei Spendenzwecke. Wir unterstützen den Bundesverband Depressionen und Burnout, der vor einigen Jahren in Neuss gegründet wurde. Er führt zum Beispiel das Burnout-Café gegenüber des Rheinischen Landestheaters, bietet Psychosozialberatung, Workshops für Arbeitgeber und mehr an – und das alles ehrenamtlich.
Der zweite Teil der Spenden geht an die Tomasz – Kinder- und Jugendhospizhilfe in Kaarst, die den Kindern in den Hospizen in Düsseldorf, Hamburg und Thüringen Herzenswünsche erfüllt und auch Anschaffungen für die Einrichtungen oder Fortbildungen der Pflegekräfte ermöglicht.
Wie kommen die Spenden zusammen?
Sebastian I.: Wir hatten 800 Spendenpins – die waren bereits Ende vergangenen Jahres ausverkauft. Auch die 250 Gemeinschaftsschals von N.C.C. Fidelitas und NKG Blaue Funken sind vergriffen.
Kira I.: Aber wir werden überall dort, wo wir hinkommen, ein Spendenhäuschen dabei haben, in das man sehr gerne Geld einwerfen darf. Gezählt wird an Aschermittwoch.
Bis dahin wird Euer Sessionslied wahrscheinlich noch oft erklingen. Wie seid ihr gerade auf diesen Song gekommen?
Kira I.: Die Idee, dass wir diesen Song nutzen wollen kam, als wir das Original-Lied „För 1 Naach“ von Miljö gehört und unsere Interpretation des Liedes spontan mitgesungen haben. Der restliche Songtext wurde dann ebenfalls, ganz wie von Zauberhand, vom Prinzen schnell vervollständigt, sodass unser Prinzenpaar-Song geboren wurde.
Sebastian I.: Miljö hat die Nutzung ihres Songs nicht nur genehmigt, sondern auch extra für uns eine Instrumentalversion eingespielt.
Kira I.: Wir können gar nicht in Worte fassen, wie glücklich wir über diese Geste sind und hoffen, dass wir dieses Glücksgefühl ein jedes Mal beim Singen an alle weitergeben.
Sebastian I.: Aber eins ist klar: Ab Aschermittwoch wird der Song nicht mehr zu hören sein, denn in der kommenden Session soll natürlich das neue Prinzenpaar im Mittelpunkt stehen.
Und jetzt freut ihr euch auf den Kappessonntagszug?
Sebastian I.: Das wird das i-Tüpfelchen auf allem, was wir bisher erlebt haben. Neuss darf sich auf einen bunten Kamelleregen freuen.
Apropos bunt: Ihr setzt euch immer wieder für Toleranz und Menschlichkeit ein.
Sebastian I.: „Wir als Prinzenpaar der Stadt Neuss sind politisch neutral, doch der Karneval ist tolerant, weltoffen und bunt. Und so ist es sicherlich auch kein Zufall, dass im Plakat des diesjährigen Neusser Sessionsmottos ,Nüss is bunt – Fastelovend jeht et rund’ auch alle Farben vertreten sind, nur eben eine nicht und das ist braun – und das zu recht!“
Ein schönes – und wichtiges – Schlusswort. Jetzt wünsche ich euch und allen Neussern ein paar tolle unbeschwerte Tage. Wir sehen uns auf einer der zahlreichen Karnevalsveranstaltungen – spätestens aber beim Kappessonntagszug am Sonntag ab 13.11 Uhr!
Das Gespräch führte Rolf Retzlaff.