Anwohner, Geschäftsleute und Hausbesitzer kämpfen um ihr Marienviertel Anwohner und Geschäftsleute haben Angst um ihr Marienviertel – die große Hoffnung auf eine Polizeiwache

Marienviertel · Hoch gen Himmel ragt die Marienkirche, ihr Glockengeläut verbreitet heimelige Stimmung – wären da nicht im Schatten des Gotteshauses die zahlreichen Polizeieinsätze aufgrund von Schlägereien, dem Dealen mit Drogen und Randaliererei.

 Andreas Alberts ist Sprecher der Anwohnerinitiative Marienviertel.

Andreas Alberts ist Sprecher der Anwohnerinitiative Marienviertel.

Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

Bei einem Ortstermin mit dem Stadt-Kurier-Redakteur suchen Anwohner, Geschäftsleute und Vermieter die Antwort auf eine Frage, die sie alle bewegt: Wie lebt es sich zurzeit im Marienviertel?

Andreas Alberts von der Anwohnerinitiative Marienviertel hatte einige in dem Viertel wohnende Menschen zusammengerufen. Treffpunkt Krefelder Straße: Neben dem eigentlich schön geschmückten Tannenbaum liegt eine große Pfütze Erbrochenes auf dem Bürgersteig, Pappkartonreste fliegen durch die Gegend. „Erbrochenes und menschliche Fäkalien findet man fast jeden Tag bei uns im Viertel“, ärgert sich Annelie Esser. Das bestätigt auch Hausbesitzer und Vermieter Norbert Fassbender: „Wir versuchen alles sauber zu halten, aber am Wochenende wird hier alles vollgekotzt“, berichtet er von nächtlichen Partys im Kreuzungsbereich. „Aber die Dealerei ist das Hauptproblem“, sagt Karin Alberts. Anwohner beobachten offenbar immer wieder, wie Drogenverkäufer ihre illegale Ware in „Depots“ zwischenlagern, zum Beispiel in einem Baum an der Marienkirche. „Und die Polizei macht nichts“, ist der einhellige Tenor der Anwohner-Gruppe. Einer von ihnen berichtet über einen für ihn beängstigenden Vorfall: Im vorderen Bereich der Krefelder Straße ließ er beim Rauchen einer Zigarette seinen Blick auf die andere Straßenseite schweifen – und das störte offensichtlich ein Mitglied einer dort stehenden Gruppe. Der Mann überquerte die Straße, beschimpfte und schlug den dort Stehenden. Die herbeigerufene Polizei erteilte dem Schläger Platzverbot, „doch eine Viertelstunde später war der wieder da“, so der Angeriffene.

Ein Gefühl der Unsicherheit macht sich im Viertel breit: „Wenn meine Frau und ich im Dunklen mit der Straßenbahn ankommen, haben wir Angst, die letzten Meter bis zur Wohnung zu Fuß zu gehen und nehmen ein Taxi“, so Rainer Neumann. Und Karin Alberts weiter: „Es sind aber auch die jungen Leute in unserem Viertel – und nicht nur Frauen, die Angst haben, hier im Dunklen rumzulaufen.“

Cuma Ciftci, Betreiber eines Kebab-Ladens auf der Krefelder Straße, findet deutliche Worte: „Ein eigentlich sehr schönes Viertel mit Geschäftsleuten und Einzelhandel geht zugrunde. Ich sehe hier tagtäglich besoffene und pöbelnde Menschen auf der Straße.“ Ein Grund, weshalb er kaum noch Mitarbeiter für seinen Imbiss findet. „Und die Menschen werden abgeschreckt, die Kunden kommen nicht mehr“, befürchtet er, zur Geschäftsaufgabe gezwungen zu werden.

Soweit soll es nicht kommen. Die Kooperation aus SPD, Grünen und UWG/Freie Wähler setzt sich gemeinsam mit Bürgermeister Reiner Breuer für die Einrichtung einer Bahnhofswache ein, in der auch Streetworker sowie Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes Platz finden könnten (wir berichteten). „Die Entscheidung darüber trifft aber Landrat Hans-Jürgen Petrauschke als Chef der Polizei“, erklärt der Neusser SPD-Chef Arno Jansen. „Dieser stand bei dem Thema lange auf der Bremse, weswegen wir in der letzten Sitzung des Haupt- und Sicherheitsausschusses mit unserer ,Sicherheitsoffensive’ den Druck noch mal deutlich erhöht haben. Nach dem Bericht der Polizei in der Sitzung sind wir jetzt optimistisch, dass das Projekt Fahrt aufnimmt.“ Bürgermeister Breuer habe bereits prüfen lassen, ob im Bereich des Bahnhofs weitere Maßnahmen wie etwa Videoüberwachung zum Einsatz kommen könnten. Das habe der Landrat allerdings abgelehnt, „weil die CDU-geführte Landesregierung hierfür bislang keine taugliche Rechtsgrundlage geschaffen hat“, so Jansen.

Rolf Retzlaff

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