Wie Schapperts Geschäftspartner auf den Krieg reagieren Sperren für Militärfahrzeuge statt Lautsprecher

Kaarst/Kiew · Eigentlich sollte dies der Anfang einer aufblühenden Geschäftsbeziehung werden: Der Kaarster Patrick Schappert (GROBI.TV) hatte im November eine Firma nahe Kiew besucht, um eine enge Zusammenarbeit mit dem Lautsprecher-Hersteller MAG Audio festzuzurren. Nur drei Monate später herrscht hier Krieg, die Mitarbeiter des Unternehmens mussten ihr „Werkzeug“ gegen Waffen eintauschen. Per Zoom-Konferenz erzählt Leonid, einer der Firmeninhaber, von dem unerwarteten Schicksalsschlag.

 Vor drei Monaten besuchte der Kaarster Patrick Schappert (l.) die Firmeninhaber Leonid und Alexander (Nachnamen der Redaktion bekannt) in Kiew; damals glaubte noch niemand an einen Kriegsausbruch.

Vor drei Monaten besuchte der Kaarster Patrick Schappert (l.) die Firmeninhaber Leonid und Alexander (Nachnamen der Redaktion bekannt) in Kiew; damals glaubte noch niemand an einen Kriegsausbruch.

Foto: privat

Leonid ist Jude, besitzt einen israelischen und ukrainischen Pass; dies ermöglichte ihm und seiner Familie die Flucht nach Ungarn, wo er jetzt in einem Hotel um seine Mitarbeiter und seine Firma bangt. Die rund 180 Angestellten wurden mittlerweile von der Regierung bewaffnet, beschützen die Fabrik vor Plünderern und sehen mit Bangen der Ankunft russischer Truppen und damit einem Straßenkampf entgegen.

„Am Horizont sind immer wieder Schüsse zu hören“, erzählt Leonid, aber es seien auch schon Bomben ganz in der Nähe gefallen, da das Städtchen sich in der Einflugschneise eines Militärflughafens befinde. Und noch etwas hat sich seit Kriegsbeginn geändert: Statt Audioboxen wurden in der Fabrik rund 3.000 Straßensperren angefertigt – sie sollen Militärfahrzeuge aufhalten.

 Statt Lautsprecher werden Sperren gebaut; sie sollen russische Militärfahrzeuge aufhalten.

Statt Lautsprecher werden Sperren gebaut; sie sollen russische Militärfahrzeuge aufhalten.

Foto: privat

Patrick Schappert hat fast täglich Kontakt mit Leonid: „Als ich ihn und seinen Bruder Alexander vor drei Monaten in Kiew besucht hatte, dachte noch keiner daran, dass bald ein Krieg ausbrechen könnte; das kam für die Ukrainer vollkommen überraschend.“ Jetzt hofft er, dass seine ukrainischen Geschäftspartner und Freunde diese schlimme Zeit überstehen. Leonid ist in einer Online-Community ständig mit seinen Angestellten in Kontakt. Noch steht die Firma, noch mussten hier keine Waffen zur Verteidigung eingesetzt werden.

Leonid wird seine Familie in den nächsten Tagen in einen Flieger in Richtung Israel setzen. Er selbst will in Ungarn ausharren: „Ich warte darauf, endlich wieder in mein Zuhause und meine Heimat zurückkehren zu können!“

  In der Videokonferenz (v.l. oben, im Uhrzeigersinn): Leonid, Redakteur Rolf Retzlaff, Patrick Schappert.

In der Videokonferenz (v.l. oben, im Uhrzeigersinn): Leonid, Redakteur Rolf Retzlaff, Patrick Schappert.

Foto: privat

Leonid hofft auf ein Einlenken Putins, was seines Erachtens nur mittels finanziellem und wirtschaftlichem Druck passieren könne. Einen Appell an die Menschlichkeit hält er für sinnlos: Für Putin seien die Menschen lediglich „waste material“... Rolf Retzlaff

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