Bürgermeister Reiner Breuer (SPD) über Wirtschaft, Kaufhof-Gebäude und mehr „Gewerbesteuereinnahmen so hoch wie noch nie in der Geschichte der Stadt“

Neuss · Bürgermeister Reiner Breuer (SPD) möchte weitere fünf Jahre die Geschicke der Stadt Neuss leiten. Und dann soll Schluss sein? „Man soll nie ,nie‘ sagen“, schmunzelt er und präsentiert einen Zehn-Punkte-Plan, der in einigen Bereichen auch über das Jahr 2030 hinaus für reichlich Arbeit sorgen würde ...

Reiner Breuer kandidiert für seine dritte Amtszeit als Neusser Bürgermeister.

Foto: privat

Wie auch immer die Kommunalwahl ausfallen wird: Breuer setzt auf ein Bündnis der demokratischen Parteien in Neuss, um die rechten Kräfte im Zaum zu halten. „Wir werden wahrscheinlich mit wechselnden Mehrheiten arbeiten, die gemeinsame Ziele verfolgen und von einer breiten demokratischen Mehrheit getragen werden“, so Breuer. Zwar leide die CDU noch immer unter einem „Phantomschmerz“, weil sie vor zehn Jahren den Bürgermeisterposten und die Ratsmehrheit verloren habe, „aber sie wird eine relevante Größe in Neuss bleiben“, sagt der 56-Jährige, der sich dynamisch gibt – ebenso wie die Neusser Wirtschaft.

Breuer spricht von den „höchsten Gewerbesteuereinnahmen in der Geschichte der Stadt (von 160 Millionen Euro auf 235 Millionen Euro innerhalb seiner Amtszeit, Anmerkung der Redaktion), wir haben rund 5.000 Unternehmen mit circa 85.000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern – die höchste Zahl seit Kriegsende“. Zahlreiche große Unternehmen würden in den Standort Neuss investieren, zum Beispiel Haribo, MM Neuss (ehemals FS Karton), Rheinmetall, Contargo, Essity und Strabag.

Große Unternehmen sind oft auch sehr energie-intensiv. Breuer setzt hier auf Wasserstoff, der durch „Anzapfen“ einer von Rotterdam in den Süden Deutschlands führenden Pipeline den Hafen und den Neusser Süden versorgen soll. Gemeinsam mit der Stadt Düsseldorf wurde eine entsprechende Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

Eins der meistdiskutierten Themen ist die Zukunft des ehemaligen Kaufhof-Gebäudes. Hier wird dem Stadtchef oft zögerliches Handeln vorgeworfen. „Der Rückzug der IHK war natürlich ein zeitlicher Rückschlag“, so Breuer, aber jetzt gebe es neue konzeptionelle Pläne (drei Varianten), die in der kommenden Woche ausführlich vorgestellt werden sollen. Demnach bleibt es bei dem Vorhaben, im Erdgeschoss mit einer Mischung aus Gastronomie und Lebensmittelhandel einen marktähnlichen Charakter entstehen zu lassen (Breuer: „Auch moderne Freizeiteinrichtungen sollen hier zu finden sein“).

Neu im Konzept ist die Errichtung von Seniorenwohnungen mit betreutem Wohnen sowie einer Mischung von Angeboten aus den Sparten Gesundheit und Medizin. „Eventuell könnte man den alten Bürotrakt abreißen und erweitert neu bauen“, meint Breuer. Eine Variante sieht auch den Umzug der Stadtbibliothek in das Kaufhof-Gebäude vor, „eine Stadtbibliothek der Zukunft, als so genannter ,Dritter Ort‘ das Wohnzimmer der Stadt“. Am bisherigen Standort der Bücherei könnten seniorengerechte Wohnungen sowie Raum für die Stadtverwaltung geschaffen werden.

Zufrieden blickt Breuer auf den Bau von „rund 1.200 Wohnungen seit 2020, davon 470 in sozialem Mietwohnungsbau. Wir sind eine der wenigen Städte in NRW, denen dies gelingt.“ So würden auch die aus der sozialen Bindung herausfallenden Wohnungen ersetzt werden können – dank des Bauvereins, der jetzt wieder sukzessive in den Wohnungsbau einsteige, nachdem er in den vergangenen Jahren vermehrt eine Feuerwache, Kitas und Schulen in seinem Auftragsbuch stehen hatte.

Was nützen die schönsten Wohnungen, wenn das Umfeld verdreckt ist? Und so möchte Breuer eine Sauberkeitskampagne für alle Stadtteile starten, um das Bewusstsein der Bürger zu stärken, dass Sauberkeit letztlich eine Aufgabe aller Neusser ist. Zudem müsse vorhandenes Recht stärker durchgesetzt werden. Ein Beispiel: „Händler, die ihren Kunden Essen mitgeben, müssen die Straße im Umkreis von 30 Metern um ihr Geschäft von den Dingen sauber halten, die sie veräußern.“

Überhaupt wolle Breuer härter gegen Rechtsverstöße durchgreifen lassen. „Wir werden an die Ansammlungen von Trinkern härter rangehen und auch die Drogenabhängigen mehr in den Blick nehmen“, macht Breuer aber gleichzeitig deutlich, „dass wir auch für die Menschen da sein werden, die Hilfe brauchen“. Dazu gehöre unter anderem die Schaffung von Angeboten für Tagesobdachlose.

Ebenfalls zum Breuer’schen Konzept „Neuss 2030“ gehört die Sanierung des Hauptbahnhofs. Die Beleuchtung wird zurzeit umgebaut, ab November sollen größere Maßnahmen umgesetzt werden. Zum Beispiel soll hier ein großes Informationscenter entstehen. Bis zum Start der Landesgartenschau im April 2026 sollen die wesentlichen Arbeiten abgeschlossen sein.

Reiner Breuer führt weitere Maßnahmen an, wie die Ausweisung neuer Gewerbegebiete, die Weiterführung der Sanierung von Schulen und Sportstätten sowie den Erhalt von Stadt-, Nord- und Südbad. Die wahrscheinlichste Variante sei der Erhalt des Stadtbads mit einer Erweiterung um ein Lehrschwimmbecken. Aber Breuer hofft noch auf Mittel aus einem Förderprogramm des Bundes für Schwimmbäder.

Auch der Wendersplatz wird als neuer Stadtort für das Stadtbad diskutiert. Zurzeit wird er für die Landesgartenschau „aufgehübscht“. Nach der Laga könne er erst einmal wieder als Parkplatz genutzt werden, so Breuer – „es sei denn, die IHK beginnt dann bereits mit dem Bau ihres Innovations- und Bildungscampus“.

Aber er wolle auf jeden Fall Ersatz-Parkplätze schaffen, zum Beispiel auf dem TÜV-Gelände (Teile des für die Laga geschaffenen Großparkplatzes sollen erhalten bleiben, Parkkosten rund 5 Euro pro Tag) oder dem Parkplatz hinter Josten (Breuer: „Da könnte man eventuell aufständern“).

Mehr zum Wahlprogramm gibt es unter www.reiner-breuer.de.