Im Gespräch mit FDP-Bürgermeisterkandidatin Jennifer Schillings Sie will „Klartext“ reden

Neuss · Die Neusser Freien Demokraten geben sich auf Facebook kämpferisch: „Wir haben keine Angst vor der Wahl. Wir haben eine Kandidatin. Und eine Partei, die laut wird – wenn andere leise, stumm oder rückwärts werden.“ Aber bei welchen Themen will die FDP besonders laut werden? Wir haben bei der Liberalen Bürgermeisterkandidatin Jennifer Schillings nachgefragt.

Jennifer Schillings geht für die FDP als Bürgermeisterkandidatin in den Kommualwahlkampf.

Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

Die 45-Jährige ist erst seit April 2024 Mitglied der Neusser FDP – und schon wird sie an vorderster Stelle in den Kommunalwahlkampf geschickt. Weshalb der späte Schritt auf die politische Bühne? „Ich war nie mit einer Partei auf diesem Planeten zu 100 Prozent einverstanden“, erzählt sie. Politisch interessiert sei die Volljuristin allerdings schon immer gewesen. Der ehemalige Verfassungsrichter Udo Di Fabio lehrte sie während ihres Studiums „Öffentliches Recht“. „Er hat mir alles über Freiheitsrechte – zum Beispiel Grundrechte, Gleichheitsrechte, freie Meinungsäußerung und Kunst-Freiheit – beigebracht.“

Als das Medienunternehmen Correctiv über das Treffen hochrangiger AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarker Unternehmer in einem Hotel bei Potsdam berichtet hatte, häuften sich die Demos gegen Rechts. „Diese Demos wirken kontraproduktiv, machen die Extremisten eher stärker“, ärgerte sich Schillings damals. Nichts zu tun kam für sie aber auch nicht infrage – also trat sie der FDP bei („Mit dieser Partei hatte ich schon immer die größte Schnittmenge“).

Nachdem sich Schillings im Bundestagswahlkampf engagiert hatte, war für die Freien Demokraten klar: Diese Frau kann auch Kommunalwahlkampf – und zwar in allererster Reihe. Denn nach Treffen mit den Bürgermeisterkandidaten Reiner Breuer (SPD) und Axel Stucke (CDU) – „beide waren sympathisch, aber sie haben nicht überzeugt“ – entschied Schillings: „Ich mache es selbst statt nur am Rand zu stehen und zu meckern!“

Bei welchen Themen würde sie denn besonders „laut“ werden? „Bei mehreren Themen“, weiß Schillings. Besonders am Herzen liegt ihr aber die Sicherheit in Neuss. „Die Situation um die Stadthalle frustriert mich kolossal“, erinnert sie sich an die Zeit, als sie als Marienberg-Schülerin im Dorint Hotel den Abiball und Schützenbälle besucht habe – ohne sich bedroht zu fühlen.

Jetzt höre sie immer wieder, dass Frauen im Stadthallenumfeld Angst hätten, Kinder würden an der Haltestelle von Dealern angesprochen. Es fehle ein durchdachtes Konzept zur Bekämpfung der Drogenszene, wie zum Beispiel das Züricher Modell, geprägt von Prävention und Aufklärung in Schulen, Hilfe in Krisensituationen, gute und schnelle Therapiemöglichkeiten, eine Zusammenarbeit von Polizei und Ordnungsamt. „Einfache Abhängige werden von Sozialarbeitern betreut, Dealer werden gnadenlos hochgenommen!“

Doch nicht nur hier habe „der Status Quo ausgedient“, wie die FDP auf Facebook verbreitet. Wo hat der Bürgermeister denn nach Schillings‘ Ansicht weitere Fehler gemacht? „Wir haben viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum, da wurde zu lange geschlafen“, sagt sie mit Blick auf das für das Baufeld C1 im neu entstehenden Augustinuspark („Hier wurde vor Wochen zum Spatenstich eingeladen, seitdem ist hier nicht viel passiert“) und das ehemalige Bauer & Schaurte-Gelände.

Aber kann Jennifer Schillings wirklich Bürgermeister? „Als Juristin habe ich die Verwaltungshochschule in Speyer mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht besucht. Seit 15 Jahren arbeite ich in der Wirtschaft, nicht nur in juristischen Positionen, sondern auch im Lean Management. Dazu gehören Prozessoptimierung, Steuerung von Kennzahlen und Mitarbeiterführung“, ist sie sicher, demnächst fest im städtischen Chefsessel sitzen zu können. Wie sicher? „Ich gehe davon aus, dass ich gewinne, notfalls in der Stichwahl“, gibt sie sich selbstbewusst. Und ihre Partei? „Die wird über 5 Prozent bekommen – so viel wie möglich!“ Mit wem würde sie dann am liebsten Koalitionsgespräche führen? „Mit der CDU haben wir die größte Schnittmenge ...“

Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. „Leider kann ich nicht mit allen wahlberechtigten Bürgern reden“, schmunzelt sie.